der
Wahrnehmung, die durch die Rückkoppelung über das Gehör einen Einfluß auf die
Ausführung haben. Auf sie soll hier zunächst eingegangen werden. Aber auch andere
Faktoren beeinflussen die Agogik, wie etwa die musikalische Auffassung, die
kommunikative Intention des Interpreten, sowie die Struktur und der emotionale Gehalt,
die der Interpret dem Hörer vermitteln möchte.
3.5.2. Auswirkungen von Wahrnehmungseigenschaften
Neben der Möglichkeit des Interpreten, eine spezielle Interpretation durch Agogik und
Dynamik darzustellen, und zufälligen Schwankungen des motorischen Apparates und
seiner Steuerung gibt es Nichtlinearitäten der Wahrnehmung von Zeitintervallen, die sich
auf die Agogik auswirken. Gérard, Drake und Botte haben festgestellt, daß bei Folgen
von gleichen Einsatzabständen der Abstand der letzten zur vorletzten Note
regelmäßig zu kurz eingeschätzt wird. Wenn Versuchspersonen diesen Abstand nach
Gehör so einstellen sollen, daß er so lang ist wie die vorherigen, wird er länger
eingestellt.97
D.h. wenn ein Spieler versucht, gleichmäßig zu spielen, spielt er so, daß das
Ergebnis sich gleichmäßig anhört, aber das Ergebnis unterscheidet sich von der
physikalisch gleichmäßigen Sequenz. Carolyn Drake nennt diese Erklärung die
Wahrnehmungshypothese und konnte sie für zeitliche Abweichungen empirisch
untermauern.
98
Weitere Untersuchungen, die ähnliche Zusammenhänge belegen, wurden von Penel und
Drake
99 sowie
von Repp
100
durchgeführt.
3.6. Agogik und Dynamik
Die Auswirkungen der vom Interpreten gedachten musikalischen Struktur
finden sich, wie oben bereits beschrieben wurde, in der Agogik und
Dynamik. Sie lassen sich aber auch in der Motorik des Interpreten
feststellen.101
Der Unterschied der ›mechanischen‹ Interpretation, d.h. der den notierten Werten
entsprechenden metrischen Sequenz (in der englischsprachigen Literatur häufig als
deadpan bezeichnet) und der Ausführung durch einen Musiker ist in den letzten zwei
Jahrzehnten häufig untersucht worden. Zum einen mit dem Ziel, festzustellen, wie diese
Abweichungen mit Eigenschaften der Musik und ihrer Interpretation zusammenhängen
(
expressive timing), zum anderen mit dem Ziel, die Abweichungen zu entfernen und eine
musikalisch sinnvolle Quantisierung auf ein geeignetes Raster für musikalische Notation
zu erhalten.
Die Beobachtung, daß die interpretierte Ausführung eines Stücks
durch einen Musiker nicht der durch die Partitur definierten metrischen
Sequenz102
entspricht, ist nicht neu. Bereits Riemann beschäftigte sich damit in
Musikalische Dynamik und
Agogik.
103
Seit den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts ist die