Bleibendes Bild: Die große hohe weite Halle mit der weißen Decke und den riesigen gläsernen Fensterwänden: Und von ganz oben, von der sieben Meter hohen Decke herab stürzt ein Flügel, die Klaviatur nach unten, die gedrechselten Beine, samt Lyra und Pedalen, gegen den Architekturhimmel gekehrt. Aber wie in einem Alptraum, ja in einem Alp-Raum, ist der Absturz gebremst, eingefroren, aufgehalten. Groteske Entrückung, perpetuierter Fall. Das gekippte Instrument schwebt dramatisch und drohend über dem Betrachter. Und dann geschieht es: Explosionsartig schlägt der Flügeldeckel weit auf, fällt in den Scharnieren abwärts, und zugleich erbricht sich die Tastatur, spuckt ihre Tasten aus, die weißen wie die schwarzen, alle achtundachtzig dieses alten Bechsteins, kotzt sie aus wie in einem hundert Jahre aufgestauten Überdruß, gelbe überlange, unansehnlich faul gewordene Zähne, dunkle giftige eklige Stumpen - die aber nicht freikommen in ihrer bleckenden Verfallenheit, sondern hängenbleiben wie schmutzige Fransen, als wollten sie signalisieren: Uns schlägt keiner mehr, keiner mehr an, wir haben genug gehabt, verlassen das Reich der Töne, entkommen dem millionenfachen Terror der Klänge und entsorgen uns selbst auf dem Müll der Klaviergeschichte.

Rebecca Horns Installation »Concert for Anarchy«, aufgehängt in der Berliner Neuen Nationalgalerie, hatte die Botschaft: Höllensturz des Klaviers. Endspiel. Doch dann zogen die Tasten sich wieder zu alter Ordnung zurück, der Deckel überwand die Schwerkraft und klappte gehorsam zu, und das Instrument, am Galgen des Zeitgeistes, schien wieder intakt. Bis zum nächsten Ausbruch nach zehn Minuten. Da capo al fine.

Bleibendes Bild:  Da stehen die schönsten und kostbarsten Flügel der Welt, dicht an dicht, Seite an Seite, Kante an Kante, da stehen die Steinways und die Bösendorfer, die Fazioli und die Grotrians, die Blüthner und die Bechsteins, die Steingräber und die Schimmel, die Kawais und die Seiler und viele andere mehr, Hunderte von Flügeln, schwarz und braun, weiß und gläsern, bunt und metallic, intarsiert und verchromt, gedrechselt oder gestylt,