mit freundlicher Genehmigung des Verlags Wolfgang Krüger, S. 240-251

Als sie die Nordseite des Reservoirs erreicht hatten, empfand Claude mit einem Mal ein brennendes Gefühl der Zuneigung für Weisfeld und ihm war, als wollte er innerlich zerfließen Er rückte ein wenig näher, und ohne seine Schritte zu verlangsamen, ergriff Weisfeld beiläufig Claudes Arm.

»Wird sich die Tonalität als Sackgasse erweisen?« sagte Weisfeld. »Mit dieser Frage solltest du dich beschäftigen. Ist sie tatsächlich ein Gefängnis, oder läßt sie genügend Raum? Schießt Schönberg womöglich über das Ziel hinaus? Ist das neue System tatsächlich größer und besser, oder ist es letztlich vielleicht doch kleiner und schlechter? Führt es irgendwohin? Mit diesen Fragen solltest du dich beschäftigen.«

»Aber ich möchte doch wissen, was Sie davon halten. «

»Was ich davon halte, spielt keine große Rolle. Nicht ich muß mich damit auseinandersetzen, sondern du. Ihr alle. Die heranwachsende Generation. Du mußt dich selbst befragen. Und nichts überstürzen. Vergiß nicht, die meisten jungen Komponisten schreiben Zwölftonmusik Fast alle.«

Sie gingen eine Zeitlang schweigend weiter, und Claude dachte nach. »Vielleicht experimentieren sie ja bloß damit«, meinte er schließlich.

»Schon möglich. Und das ist vielleicht gar keine so schlechte Idee. «

»Wollen Sie damit sagen - «

»Hab keine Angst davor. Lerne. Streng dich an. Versuch dich ernsthaft damit zu beschäftigen und so viel wie nur möglich für dich herauszuholen. Sei unvoreingenommen: