Die Grenze von 3 Sekunden bezieht sich auf die allgemeine geistige
Verarbeitungskapazität, während die speziellen Verhältnisse in der auditiven
Wahrnehmung etwas differenzierter betrachtet werden müssen. Der sogenannte
kurze Speicher im auditiven sensorischen Gedächtnis hat eine Länge von ca.
300 ms, während der
lange Speicher eine Länge von mehreren Sekunden
hat.
41
Auf dieser Ebene des Gedächtnisses gibt es einen Unterschied zwischen der
rhythmischen Komponente und Tonhöhen. Tonhöhen bleiben bis zu 10 Sekunden im
Gedächtnis erhalten, während rhythmische Informationen deutlich schneller
zerfallen.
42
Mit der Dauer des sensorischen Gedächtnisses hängt die Fähigkeit zur zeitlichen Integration
von Ereignissen zusammen und damit auch die Fähigkeit, rhythmische Gruppen zu bilden.
In verschiedenen Experimenten sind die zeitlichen Größenordnungen bestimmt worden.
So läßt die Genauigkeit der Schätzung von Dauern zwischen 1 und 2 Sekunden deutlich
nach.43
Die Synchronisation von Fingerklopfen mit einem Metronom verschlechtert
sich deutlich ab einem Abstand von 1,5 bis 2 Sekunden zwischen den
Schlägen.
44
Dann erfolgt das Klopfen entweder nach ca. 2 Sekunden oder als Reaktion nach dem
Schlag, während es bei funktionierender Synchronisation kurz vor dem Schlag ausgeführt
wird.
45
Auch die obere Grenze von Ereignisabständen, bei denen noch
subjektive Rhythmisierung auftritt, liegt deutlich unterhalb von
2 Sekunden.
46
Die untere Grenze der Dauer einer perzeptuellen Gruppe von
Ereignissen ist weniger klar bestimmt. Ein Indiz könnte sein, daß
Silben in allen bekannten Sprachen eine Dauer von ca. 200–250 ms
haben.47
Silben sind wichtige Einheiten der auditiven Wahrnehmung, da sie die Basis sprachlicher
Kommunikation bilden. Eine Gruppe enthält bei kurzen Ereignisabständen mindestens
zwei Elemente. Daher müssen Gruppen von Ereignissen, wie Worte aus zwei Silben, eine
Dauer von 400–500 ms haben. Weiterhin scheint die Verarbeitung von zeitlichen Abständen
unterhalb von ca. 0,5 Sekunden nicht mehr der kognitiven Steuerung zu unterliegen,
sondern allein durch automatische, sog. primitive Wahrnehmungsprozesse gesteuert zu
sein.
48
Auch metrische Einheiten werden unterhalb von 200 ms kaum
wahrgenommen.
49
Da aber Metrum und Gruppierung einer willentlichen Beeinflussung durchaus zugänglich
sind,
50
kann man annehmen, daß es hier bezüglich der Dauer eine Grenze in der
Verarbeitung von Gruppen gibt. Die üblichen Dauern von Motiven liegen in der
Musik über dieser Grenze, obwohl die sensorischen Fähigkeiten des Gehörs
kürzere Gruppen ermöglichen würden. Bei einem Auflösungsvermögen von
10 Ereignissen pro Sekunde und einer Mindestlänge von 2 Elementen, wie sie
etwa von der GTTM und anderen Segmentierungstheorien angenommen
wird,
51