metrisch
interpretieren, bilden aber Kategorien. Rhythmische Muster können also eigene
Kategorien bilden, die nicht metrisch sind. Insbesondere zeigt die Untersuchung von
Schulze, daß die erlernten rhythmischen Muster auch in verschiedenen Tempi erkannt
werden, d.h. es werden die rhythmischen Verhältnisse und nicht die zeitlichen Distanzen
gelernt. Allerdings verwendet Schulze nur drei verschiedene Tempi in einem relativ
engen Bereich (1080, 1200 und 1320 ms Abstand zwischen dem ersten und dem
letzten von fünf Tönen). Der Bereich der möglichen Tempoänderungen, unter
denen ein rhythmisches Muster wiedererkannt wird, ist natürlich durch die
bereits beschriebenen Grenzen der Wahrnehmung von Zeitintervallen begrenzt.
Inwieweit die Erkennung sich innerhalb dieses Bereichs ändert, wurde bisher nicht
untersucht.
Ein System der Kategorisierung rhythmischer Muster ist durch die griechischen
Versfüße gegeben. Vos hat in einer Studie die Klassifikation wiederholter
Muster als Versfüße untersucht und kam dabei zu dem Ergebnis, daß die
Einsatzabstände eine Gruppierung bewirken und die Länge der Töne eine
Akzentuierung.87
Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Töne relativ kurz waren
und daher die Lautstärkeempfindung durch die Länge beeinflußt
wurde.
88
Bisher wurde nicht umfassend empirisch überprüft, ob und wie die Versfüße
als Kategorien in der Wahrnehmung und Kognition von Musik wirksam sind.
Dies hat möglicherweise seine Ursache darin, daß eine klare musikalische
Theorie der Versfüße, die empirisch überprüfbar wäre, bisher nicht entwickelt
wurde. Das letzte umfassende Werk hierzu stammt von Cooper and
Meyer89
und ist als Theorie zu ungenau und unvollständig, um unmittelbar getestet
oder implementiert zu werden. Das häufige Auftauchen von Motiven mit vier
Noten im musikalischen Kontext spricht eher dagegen, daß Versfüße geeignete
Prototypen darstellen, da die herkömmlichen Versfüße nur 2 oder 3 Noten
enthalten.
90
Die sowohl von Hauptmann als auch von Cooper und Meyer verwendete Aufteilung von
Vierergruppen in kleinere Einheiten erscheint wenig plausibel, weil die rhythmischen
Gruppen gerade als Ganzes wahrgenommen werden.
3.5. Zusammenhang von Wahrnehmung und Produktion
In interaktiven Anwendungen, insbesondere in Musiklernprogrammen, soll der Benutzer
Rhythmen spielen, die vom System geeignet ausgewertet werden müssen. Hier spielen
nicht nur die Eigenschaften der Wahrnehmung, sondern auch die der Produktion
von Rhythmen eine Rolle, und es stellt sich die Frage, ob man hier andere
Maßstäbe anwenden muß als bei Rhythmen, die nur gehört werden. In modernen
musikpsychologischen Ansätzen werden Produktion und Wahrnehmung von Rhythmen
als Regelkreise betrachtet. Ein innerer Regelkreis ergibt sich dadurch,