Im folgenden
Allegro assai (D-Dur, 4/4-Takt) wird nach dem Aufruf des Bariton die Phase der
musikalischen Verbrüderung besungen. Freudenrufe werden laut (Bariton und Chorbässe). Der
Solist stimmt in die Melodie des Orchesters ein und singt die erste Strophe der Ode
Schillers:
»Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum. Deine Zauber binden wieder, Was die Mode streng geteilt; Alle Menschen werden Brüder, Wo dein sanfter Flügel weilt.«128
Der Chor tritt hinzu (Takt 21 bis 28). Ab Takt 33 intoniert das Soloquartett die zweite
Strophe:
»Wem der große Wurf gelungen, Eines Freundes Freund zu sein,
Auch diese Strophe wird in den letzten zwei Versen wieder vom Chor bestätigt bis das
Soloquartett die dritte Strophe singt.
»Freude trinken alle Wesen An den Brüsten der Natur;
Wiederum bestätigt der Chor die letzten zwei Verse der Strophe. Dreimal werden die Worte »vor Gott« pompös wiederholt (bis Takt 94). Damit der Aufbau während der symmetrischen Anordnung von Chor und Soloquartett nicht leblos wird, dafür sorgen die Variationen des Hymnus und vor allem die Instrumentalbegleitung. Letztere dynamisiert den Satz und umspielt den Gesang mit zahlreichen Tongirlanden. Dadurch belebt sie seinen Rhythmus mehr und mehr durch metrische Figuren, Akzente und synkopische Schläge: »Das Lautbild gleicht wohl einer Volksversammlung. Der Aufbau des Satzes ist massenpsychologisch motiviert.«129 Der zweite Teil (Allegro assai vivace, Alla Marcia, B-Dur, schließlich D-Dur, 6/8-Takt), der auch von Kubrick zitiert wird, ist nicht unbedingt leicht zu deuten, denn er führt den Hörer in eine neue Szenerie. Der Konzertsaal wird hier zum Tribunal, das Freudenthema zu einem Marsch. Aus weiter Ferne – so scheint es – nähert sich in Form des türkischen Marsches eine exotische Kriegsmusik. Die Ferne wird durch die tupfenden Pianissimo-Schläge in den Holzbläsern und in der Trommel (Gran Cassa) angedeutet, die den Marschrhythmus vorgibt (Takt 1 bis 12), bis die exotische Kriegsmusik erklingt (Bläser, besonders Piccolo-Flöten und viel Schlagzeug.) Man hört eine bizarre, gänzlich aus den Fugen des Taktes geratene Marschfassung des Freude-Liedes. Zwar könnte man den Türkischen Marsch als ein Ergebnis dessen sehen, was vorher vorbereitet wurde, doch die zahlreichen Änderungen in Tonart, Tempo und Metrum trennen diesen Teil von allem vorherigen. Ebenso signalisiert Beethovens vorhergegangene Betonung der Worte »vor Gott«, daß nun etwas Neues geschieht (vgl. Abbildung 11.21).130
Triangel und Zymbal verstärken den Eindruck des Exotischen. Die Bläser spielen den Hymnus in ihrem neuen Taktmetrum einmal durch (Takt 13 bis 44.) Doch |