oder »Incidental
Music« als eine Kategorie der Bild-Musik-Zuordnung benutzt, ohne sich der
überlieferten Definition des Begriffes aus dem Bereich des Theaters bewußt zu
sein. Zudem sind die Begriffe »Aktuelle Musik« und »Musik als Bestandteil
der Umgebung« identisch, eine Unterscheidung in zwei Kategorien ist daher
hinfällig.19
Lissas eigene Systematisierung fällt ebenso kleinschrittig aus, da sie sich auf die Elemente der auditiven Schicht – Musik, Geräusche, Rede und Stille, sowie auf diejenigen der visuellen Element beruft – Ansichten, dargestellte Gegenstände, Handlung und psychische Elemente. Nach ihrer Theorie kann jedes der Elemente der auditiven Schicht jedem Element der visuellen Sphäre zugeordnet werden.20 Innerhalb dieser Verbindungsmöglichkeiten hebt sie besonders folgende Zuordnungen hervor, die – wie in Ansätzen bei Spottiswoode und Joffe – bereits in den Bereich der formalen und inhaltlich definierten Funktionen von Musik im Film hineingehen, beispielsweise Musik als Unterstreichung von Bewegungen, die musikalische Stilisierung realer Geräusche, Musik als Repräsentation des dargestellten Raumes sowie der dargestellten Zeit.Grundformen der Bild-Musik-Zuordnung umschrieb Hansjörg Pauli in den siebziger Jahren. Danach unterteilte er die Beziehung zwischen Filmmusik und Bildinhalt im Gegensatz zu Lissa lediglich nach drei formalen Typen: die Paraphrasierung, die Polarisierung sowie die Kontrapunktierung. Als paraphrasierend stuft er eine Musik ein, deren Charakter sich direkt aus dem Charakter der Bilder, aus den Bildinhalten, ableitet. Als solcher ist er eindeutig und stimmt mit den Bildinhalten überein. Es handelt sich also mehr oder weniger um eine Verdoppelung des Bildes durch die Musik, die ihrerseits die Wirkung des Bildes verstärkt. Polarisierend ist eine Musik, wenn sie kraft ihres eindeutigen Charakters inhaltlich neutrale oder mehrdeutige, ambivalente Bilder emotional einfärbt, in eine bestimmte Ausdrucksrichtung schiebt, die der eindeutige Charakter der Musik ihnen vorgibt. Kontrapunktierend ist eine Musik, deren eindeutiger Charakter dem ebenfalls eindeutigen Charakter der Bilder, also den ebenso deutlichen Bildinhalten widerspricht.21
Durch die widersprüchlichen Stimmungsgehalte wird die Wirkungseinheit von Bild und
Musik aufgebrochen; es entsteht zwischen beiden Ebenen ein konstruiertes
Spannungsverhältnis, das der Zuschauer als Bruch der beiden Schichten verstehen soll,
vergleichbar mit den Verfremdungseffekten in Brechts epischem Theater. In der
Filmgeschichte finden sich besonders häufig Belege für die Paraphrasierung und die
polarisierende Musik. Behne hat sich in seinen Aufsätzen zum visuellen und
kreativen Umgang mit Musik mehrfach an Paulis Begriffe angelehnt und sie
in Form von idealtypischen »fiktiven Profilen« (vgl. Abbildung 2.1) optisch
dargestellt.
Die Paraphrasierung arbeitet mit ähnlichen Profilen, bei der Kontrapunktierung verlaufen die Profile gegensätzlich; bei der Polarisierung ist die Komponente Film indifferent und tendiert zur neutralen Mitte, während die Musik durch ihren |