eindeutigen Charakter das Bild in seiner Bedeutung
prägt.22
22 Klaus-Ernst Behne: Gehört. Gedacht. Gesehen. Zehn Aufsätze zum visuellen, kreativen
und theoretischen Umgang mit Musik. Regensburg 1994, S. 76.
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Diese Unterscheidung birgt jedoch zahlreiche Schwierigkeiten, welche Pauli
neben noch auszuführenden Gründen 1981 veranlaßten, seine Kategorisierung
zurückzunehmen und für untauglich zu erklären. Einige Widersprüche sollen
hier aufgezeigt werden. Maas kritisiert vor allem, Paulis Modell verschleiere
den filmgestalterischen Grundsatz, daß Musik nicht dem einzelnen Bild, der
singulären Handlung zugeordnet sei, sondern der filmischen Handlung im ganzen.
Bei der Untersuchung von Filmmusik sei danach zu fragen, was die Musik im
Rahmen einer Filmhandlung zu leisten in der Lage ist. Pauli bleibe hier zu
pauschal.23
23 Georg Maas/Achim Schudack: Musik und Film – Filmmusik. Informationen und
Modelle für die Unterrichtspraxis. Mainz 1994, S. 33.
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Ein weiterer Kritikansatz liegt im Bildinhalt. Filmbilder sind selten inhaltlich eindeutig.
Sie zeigen Menschen und Dinge, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem
bestimmten Ort zueinander in bestimmter Art und Weise verhalten. Zu den Bildinhalten
gehören also Menschen, Dinge, Verhaltensweisen sowie Zeitpunkt und Ort.
Paraphrasierende Musik beispielsweise kann sich ihnen allen – sei es einzeln oder in
wechselnden Kombinationen zuwenden. Ebenso muß man bei der Zuordnung eine
bestimmte Rangfolge der Bildinhalte beachten. Hier kann man zwischen inhaltlichem
Vordergrund des Bildes, d.h. der Handlung, und dem Hintergrund des Bildes
unterscheiden, also Ort und Zeit der Handlung – die Szenerie. Paraphrasierende Musik
kann sich hier sowohl an den Vordergrund als auch an den Hintergrund oder an beide
gleichzeitig halten, sofern sie identisch sind. Treten jedoch Bildvordergrund und
Bildhintergrund absichtlich auseinander, beispielsweise bei einer brutalen Schlägerei in
einer Frühlingslandschaft, so muß der Filmkomponist sich letztlich entscheiden.
Besteht die Musik paraphrasierend nur auf dem Bildhintergrund, indem sie
die Frühlingslandschaft etwa in einer zart getönten Pastorale beschreibt und
den Bewegungsablauf der Schlägerei unbeachtet läßt, so ist sie letztlich nicht
mehr paraphrasierend, sondern kontrapunktierend: sie tritt zum inhaltlichen
Vordergrund in Widerspruch, zu jenem Aspekt des Bildinhalts also, der sich
dem Betrachter als Vordergrundakt am eindringlichsten vermittelt und für sein
Gefühl den Gesamtinhalt der Szene
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