- 36 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
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eindeutigen Charakter das Bild in seiner Bedeutung prägt.22
22 Klaus-Ernst Behne: Gehört. Gedacht. Gesehen. Zehn Aufsätze zum visuellen, kreativen und theoretischen Umgang mit Musik. Regensburg 1994, S. 76.
Diese Unterscheidung birgt jedoch zahlreiche Schwierigkeiten, welche Pauli neben noch auszuführenden Gründen 1981 veranlaßten, seine Kategorisierung zurückzunehmen und für untauglich zu erklären. Einige Widersprüche sollen hier aufgezeigt werden. Maas kritisiert vor allem, Paulis Modell verschleiere den filmgestalterischen Grundsatz, daß Musik nicht dem einzelnen Bild, der singulären Handlung zugeordnet sei, sondern der filmischen Handlung im ganzen. Bei der Untersuchung von Filmmusik sei danach zu fragen, was die Musik im Rahmen einer Filmhandlung zu leisten in der Lage ist. Pauli bleibe hier zu pauschal.23
23 Georg Maas/Achim Schudack: Musik und Film – Filmmusik. Informationen und Modelle für die Unterrichtspraxis. Mainz 1994, S. 33.
Ein weiterer Kritikansatz liegt im Bildinhalt. Filmbilder sind selten inhaltlich eindeutig. Sie zeigen Menschen und Dinge, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zueinander in bestimmter Art und Weise verhalten. Zu den Bildinhalten gehören also Menschen, Dinge, Verhaltensweisen sowie Zeitpunkt und Ort. Paraphrasierende Musik beispielsweise kann sich ihnen allen – sei es einzeln oder in wechselnden Kombinationen zuwenden. Ebenso muß man bei der Zuordnung eine bestimmte Rangfolge der Bildinhalte beachten. Hier kann man zwischen inhaltlichem Vordergrund des Bildes, d.h. der Handlung, und dem Hintergrund des Bildes unterscheiden, also Ort und Zeit der Handlung – die Szenerie. Paraphrasierende Musik kann sich hier sowohl an den Vordergrund als auch an den Hintergrund oder an beide gleichzeitig halten, sofern sie identisch sind. Treten jedoch Bildvordergrund und Bildhintergrund absichtlich auseinander, beispielsweise bei einer brutalen Schlägerei in einer Frühlingslandschaft, so muß der Filmkomponist sich letztlich entscheiden. Besteht die Musik paraphrasierend nur auf dem Bildhintergrund, indem sie die Frühlingslandschaft etwa in einer zart getönten Pastorale beschreibt und den Bewegungsablauf der Schlägerei unbeachtet läßt, so ist sie letztlich nicht mehr paraphrasierend, sondern kontrapunktierend: sie tritt zum inhaltlichen Vordergrund in Widerspruch, zu jenem Aspekt des Bildinhalts also, der sich dem Betrachter als Vordergrundakt am eindringlichsten vermittelt und für sein Gefühl den Gesamtinhalt der Szene

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