- 267 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
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Elfenwesen«, das inmitten der Sinfonie »zwischen riesenhaften Elementargeistern [. . . ] steht.«150
150 Bekker 1969, S. 193.
Insofern ist es im wahrsten Sinne des Wortes »entrückt«151
151 Mathias Hansen: Gustav Mahler. Stuttgart 1996, S. 120.
. Das Adagietto wird zu einer Ausnahmesituation innerhalb des Gesamtwerkes. Es unterbricht die harmonischen Analogien der übrigen Sätze und mag infolge seiner Kürze auch kein Gegengewicht herzustellen, das die Analogien in ein neues Licht rücken würde. Vielmehr führt es eine Art Schwebezustand herbei und kompensiert seine Kürze durch die stilistische Andersartigkeit. So könnte das Adagietto mit seiner zart-gefühlvollen und friedlichen Melodik als eine Art Rückzug von den Spannungen und Konflikten der ersten Sätze, übergeordnet des Lebens in die ruhige Bedächtigkeit des eigenen Ichs gesehen werden.152
152 Silbermann 1986, S. 271.
Stilistisch also ungemein romantisch bildet der Satz nicht nur einen Kontrast zu den übrigen Sätzen, sondern überhaupt zu der lauten und nervösen Musik des 20. Jahrhunderts, in welcher Zeit die Sinfonie entstand. Istel bezeichnet ihn daher auch als »Romanze«.153
153 Istel/Schiedermeir o. J., S. 107.
Stenger warnt jedoch davor, das Adagietto ausschließlich der Sphäre des Sentimentalen zuzuordnen. Er argumentiert vielmehr mit dem Vokabular des Analytikers und sieht in dem Adagietto eine »Durchleuchtung des Harmonischen«: Es entsteht das Gefühl eines handlungsfreien, lediglich auf die Innerlichkeit abzielenden Ablaufes. Bilder ziehen nicht wie in den ersten Sätzen an uns vorbei, sondern bewegen sich in uns. Das Thema des Adagiettos wird weder variiert noch verarbeitet. Als solches wird es zum kurz anhaltenden statischen Augenblick, um den der langsame Fluß der Harmonie zu kreisen beginnt.154
154 Stenger 1998, S. 144.

Von Harfenklängen und tiefen Streicherakkorden eingeleitet »singen« die ersten Violinen das erste Thema – eine langsam ausgedehnte Melodie (ab Takt 2), die motivisch entscheidende Substanz des gesamten Satzes (vgl. Abbildung 11.1).155

155 Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 5 in fünf Sätzen für großes Orchester, IV. Satz Adagietto, hrsg. von der Internationalen Gustav Mahler Gesellschaft (= Gustav Mahler. Sämtliche Werke. Kritische Gesamtausgabe, Bd. V). Frankfurt am Main/London/New York 1964, S. 175.



Abbildung 11.1: G. Mahler: Sinfonie Nr. 5, IV. Satz Adagietto, 1. Thema


Die Tongebung bildet eine Symbiose von kammermusikalischer Zurückgezogenheit und symphonischem Espressivo und läßt so die Ambivalenzstruktur selbst innerhalb des Adagiettos entstehen.156

156 Stenger 1998, S. 144–145.
Wenn Cardus157
157 Neville Cardus: Gustav Mahler: His Mind and His Music, Volume I. London 1965, S. 181.
argumentiert, der Satz sei

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