- 243 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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Grundschlaggebundene Rhythmen wirken häufig faszinierend und binden die Aufmerksamkeit auf gute Weise. Gleichzeitig können Rhythmen aber auch einengen und als penetrant aufgefasst werden. Gerade längere Abläufe rhythmischer Gebundenheit werden von manchen Teilnehmenden mit wachsender Dauer als belastend und unangenehm erlebt. Der Wechsel zu zeitlich gestalteten, aber nicht an einen Grundschlag gebundenen Aktionsformen bedient nun das Bedürfnis nach Freiheit und Flexibilität. Die Vorstellung von Wind, Wellen und Felsen soll zu fantasievollem, freimetrischem Umgehen mit den Steinen animieren. Die Einzelaktionen der Teilnehmenden werden durch das Fantasiebild in einen Gesamtzusammenhang integriert. Die vorhergehenden Erfahrungen mit den gebunden Rhythmen intensivieren wiederum das Erleben von Zeit, die frei fließend gestaltet ist. Für das menschliche Erleben ist Regelmäßigkeit so selbstverständlich, so unerlässlich in unzähligen Lebensbereichen, dass sich freimetrisches Handeln gerade aus der Abwesenheit von Regelmäßigkeit erschließt.

Die Aufgabenstellung, mit nur zwei Steinen besondere Klänge zu erzeugen, beinhaltet nun einen Anspruch anderer Art. Hier gibt es zwar kein falsch oder richtig, sehr wohl aber die Herausforderung erfindungsreich und einzigartig zu sein. Hier hilft es, dass mit den Steinen schon Vorerfahrungen gemacht wurden. In der rhythmischen Imitationsaufgabe hat die Lehrkraft schon Gelegenheit gehabt, verschiedene Arten des Aufeinanderschlagens und -reibens vorzuführen.

Die Lehrkraft beschreibt, wie Steine von den Wellen mitgenommen und weiter getragen werden. Sie spricht ›Schwere Steine, runde Steine, hebt die Welle – jetzt sind’s deine!‹. Das Wort ›jetzt‹ dient dabei als Signal zum Ablegen der eigenen Steine vor der Nachbarin oder dem Nachbarn im Kreis. Für die Teilnehmenden muss geklärt werden, dass alle in die gleiche Richtung weitergeben, dann sprechen alle mit der Lehrkraft den Vers und legen unterstützt durch den Text die Steine einen Platz weiter. Nun wenden sich alle den ›neuen‹ Steinen zu und der Vers beginnt von vorne. Im Vordergrund des Handelns soll die Zuwendung zu den Steinen und das formvollendete, gruppensynchrone Ablegen am Nachbarplatz stehen, es geht nicht um Schnelligkeit. Entsprechend wird die Lehrkraft den Vers nicht skandieren, sondern mimisch-gestisch-sprachklanglich den Gehalt der Worte unterstützen. Daraus resultiert im Idealfall eine quasi musikalische Gestalt, deren Rhythmus sich flexibel gestaltet. Die Teilnehmenden können den Vers bald mitsprechen. Im Laufe der Wiederholungen werden sich die rhythmische Formung und die Akzentuierung sicher auch verändern. Der Hauptakzent auf ›jetzt‹ bleibt allerdings immer gewahrt.

Auf die Unterrichtsphase mit freien Klangaktionen folgt nun eine gebundene Phase. Der Rhythmus orientiert sich wiederum an der Sprachgestaltung, die Lehrkraft agiert so deutlich, dass sie Orientierungshilfe für alle Teilnehmenden bietet. Das Bild der Welle veranschaulicht eine gleichmäßige aber doch flexible Bewegung. Durch das entstehende gruppensynchrone Akzentuieren wird ein deutliches Empfinden von Spannung und Lösung impliziert.

Auf den in der vorhergehenden Unterrichtsphase gewonnenen Erfahrungen wird der Ablauf nun verändert: die Steine sollen schneller und gleichmäßiger durch den


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