- 210 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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geübt darin, auf der breiten Palette musikalischer Parameter gestaltend tätig zu sein. Ein sensibler Umgang mit musikalischem Material wie er beispielsweise auch in der Elementaren Musikpädagogik stattfindet, kann helfen, Anknüpfungspunkte zu dem jeweiligen Entwicklungsstadium betroffener Kinder zu finden.

Wenn Zimmer allerdings formuliert: »Da sich elementare rhythmische Leistungen bis in das sechste und siebte Lebensjahr entwickeln […], sollten die dysgrammatischen Kinder für diese Übungen mindestens sieben Jahre alt sein.« (Zimmer 1999, S. 116) ist dieser Aussage zu widersprechen. Zwar wurde im vorliegenden Zusammenhang mehrfach festgestellt, dass Reifungsprozesse eine entscheidende Rolle in der Entwicklung rhythmischer Fertigkeiten spielen, gleichzeitig wurde betont, dass die Verarbeitung rhythmischer Merkmale von Lebensbeginn an stattfindet. Sinnvoller als Alterseinschränkungen wären – sowohl in pädagogischen als auch therapeutischen Tätigkeitsfeldern – durchdachte Feinabstimmungen zwischen dem Entwicklungsstadium der Lernenden und entsprechenden Angeboten. Die Abschnitte 9.5 und 9.6 schildern konkrete Handlungsmodelle für den musikalischen Umgang mit Rhythmen, die Säuglinge, Kleinkinder und Kinder im Vorschulalter betreffen.

Zimmers »Übungen zum Erfassen von Metren« (ebd., S. 120) beginnen in der Fortbewegung. Eine der beschriebenen Aufgabenstellungen lautet:

Die Kinder sind von der Trommelhexe verzaubert worden: Sie können nur einen Schritt gehen/laufen/hüpfen (etc.), wenn die Hexe auf ihre Zaubertrommel schlägt. Nach besonders langsamen Schlägen schlägt sie regelmäßig auf die Trommel. (ebd., S. 120f.).

Eine andere Aufgabenstellung im gleichen Kontext lautet:

Die Kinder gehen zu dem metrischen Schlag auf den tieferen Ton einer Bongo über vier Teppiche einer Farbe, die in kurzen Abständen hintereinander gelegt sind. Neben diese ›Straße‹ werden ebenso viele Teppiche einer anderen Farbe gelegt und die Kinder erhalten den Auftrag, beim hohen und leicht hervorgehobenen Ton der Bongo auf einen solchen Teppich zu gehen. Gleichzeitig zu den hohen oder tiefen Schlägen auf der Bongo setzen sie einen Fuß auf den jeweiligen Teppich (ebd., S. 122).

In beiden Beispielen werden vergleichsweise isoliert Reiz-Reaktions-Schemata trainiert, die vornehmlich die unteren Extremitäten beanspruchen. Die Chancen klanggestischer Aktivitäten mit Armen und Händen am Platz werden nicht genutzt, auch finden keine passiven Erfahrungen von Rhythmen statt (vgl. die Abschnitte 8.2.18.2.2 und 8.3.1).

Zimmer beschreibt auch »Übungen zum Erfassen von Metren in der Sprache« (ebd., S. 123f.). Ein ›Klassiker‹ wie »Geh’n wir heut auf Löwenjagd« (ebd., S. 124), bei dem die Therapeutin ein rhythmisch-metrisches Sprechen im Dialog mit der Gruppe inszeniert und dabei einen spannenden (in der Fantasie vollzogenen) Verlauf entwickelt, werden von den Kindern sehr wahrscheinlich lustvoll aufgenommen. Patschen im Grundschlag – unterbrochen von freien gestischen Elementen (beispielsweise suchend den Kopf hin und her drehen, dabei die Hand über die Augen halten) – nutzt die Kompetenz der oberen Extremitäten, verknüpft Gesten und Sprache und lässt andererseits auch freirhythmische Aktionen zu. Auch die altbekannten Klatschspiele wie »Bei Müllers hat’s gebrannt, brannt, brannt« (ebd.)


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