- 147 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (146)Nächste Seite (148) Letzte Seite (264)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Klängen zuständig, die sekundären Hörareale leisten die Entschlüsselung als Wörter oder Melodien (s. o.).

Eine weitere Studie wiederum arbeitete mit Reizungen am offen liegenden Gehirn während der Operationen von Epilepsie-Patienten und fand »bei Präsentation rhythmischer Rockmusik im linken Temporallappen einen deutlichen Aktivitätszuwachs.« (ebd., Kursivdruck im Original). Einschränkend muss im Zusammenhang mit dem Auftreten von Epilepsie bedacht werden, dass Erkrankungen oder Verletzungen des Gehirns möglicherweise zu einer Veränderung der funktionellen Strukturen geführt haben könnten. Es ist bekannt, dass das Gehirn in der Lage ist, Ausfälle zu kompensieren, indem Funktionen in unversehrte Regionen verlagert werden.

Eine Untersuchung zur Rhythmuswahrnehmung an gesunden Berufsmusikern mit Hilfe von Gleichspannungs-Elektroenzephalographie (zur Methode vgl. Altenmüller u. a. 2000, S. 61) maß die Aktivierungsmuster während mentaler Vorstellung zuvor gehörter Rhythmen. »Es fand sich eine signifikante Aktivierung über dem temporo-parietalen Übergangsbereich beider Hemisphären mit Tendenz zur linkshemisphärischen Lateralisation« (ebd., S. 69). Der Abbildung oben ist zu entnehmen, dass im Übergangsbereich von Schläfen- zu Scheitellappen das somato-sensorische Rindenfeld zu finden ist. Eine andere Untersuchung fand eine Aktivierung der linken Broca-Region (die bedeutsam für die motorische Sprachsteuerung ist, s. o.) während des Hörens von regelmäßigen bzw. unregelmäßigen Tonfolgen und schloss daraus, dass musikalische Zeitstrukturen in sprachrelevanten Hirnteilen verarbeitet werden (vgl. ebd.).

Eine weitere Studie erfasste die Hirnaktivierung während der Wahrnehmung und Reproduktion von einfachen rhythmischen Sequenzen (visuell und auditorisch) mit Hilfe von Positronen-Emissions-Tomographie PET (zur Methode vgl. Müller 2000, S. 294). Es zeigte sich eine Aktivierung primärer senso-motorischer Areale und auch der Kleinhirnhälften

als Ausdruck der Vorbereitung der senso-motorischen Antwort … Bei auditorischer Wahrnehmung gleich langer Tonfolgen zeigten sich zusätzlich Aktivierungen vor allem im rechten Planum Temporale, einer Struktur, die dem auditorischen Assoziationskortex zugeordnet werden muss. (Altenmüller u. a. 2000, S. 70, Hervorhebung S. L.).

Eine Vergrößerung des Planum Temporale der linken Hirnhälfte (das Wernicke-Areal ist ein Teil des linken Planum temporale) war weiter oben schon im Zusammenhang mit dem absoluten Gehör in Verbindung gebracht worden (vgl. Abschnitt 7.3.1). Eine andere Studie kam zu dem Ergebnis, dass »einfachere rhythmische Beziehungen« (ebd.) linkshemisphärisch in prämotorischen und parietalen Arealen verarbeitet wurden, kompliziertere dagegen rechtshemisphärische prämotorische und frontale Regionen betrafen. Unter beiden Bedingungen war auch das Kleinhirn aktiviert, dem eine besondere Bedeutung in der motorisch-koordinativen Feinsteuerung zukommt.

Zeit in der Musik aktiviert Hirnareale, die für die Verarbeitung akustischer (Sprach-) Eindrücke sowie die (Vorbereitung von) Bewegungssteuerung zuständig sind.
Diese Aktivierung betrifft sowohl die linke als auch die rechte Hemisphäre.


Erste Seite (i) Vorherige Seite (146)Nächste Seite (148) Letzte Seite (264)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 147 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus