- 123 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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›figural‹

Die figurale Ebene betont den motivischen Charakter von Rhythmen, die Zusammenfassung zu Gruppen. Rena Upitis spricht auch von »chunking« (Upitis 1987, S. 54). Einfluss auf wahrgenommene Motiv-Grenzen haben das Tempo, die Dynamik, die Struktur der Akzente sowie in Melodien natürlich auch die Tonhöhen (vgl. Bamberger 1980, S. 178). Dabei wird der Fluss der Ereignisse, die Bewegung von einem Klangereignis zum anderen, mehr beachtet als die einzelnen Elemente selber.

›metrisch-formal‹

Die von Bamberger als metrisch-formal benannte Ebene zeichnet sich durch ein verbindliches, konsistentes Bezugssystem aus. Alle vorkommenden Elemente werden auf einen durchgehenden, isochronen Grundschlag bezogen: »The basic, underlying and invariant metric unit which the system names is the background beat.« (ebd., S. 183). In der obigen Abbildung M. 3 steht jeder große Kreis für eine zugrunde liegende Zeiteinheit, mit anderen Worten für den Grundschlag. Bamberger zitiert ein Kind, das die Zweiteilung der dritten Zeiteinheit mit den Worten beschreibt: »You can see there are two for one, there.« (ebd.). Der Begriff ›Metrisch‹ verweist in diesem Zusammenhang also mehr auf die rechnerischen Verhältnisse der Dauern, weniger auf ein Akzentgefüge (vgl. die Annäherung an verschiedene Begriffe im Umfeld des Phänomens Zeit in Abschnitt 6.2).

Wie Kinder und erwachsene Laien Rhythmen aufzeichnen

Die Abbildung oben zeigt verschiedenste Arten, zeitlich gegliederte Ereignisse zu notieren. So folgt die Zeichnung bei »Figural Types F. 1« in der Linienführung den rhythmischen Ereignissen. Im Schriftbild ist nicht mehr zu erkennen, dass der Stift im Rhythmus bewegt wurde, dass manche Striche schnell, manche langsam erfolgten. Die Zweiteilung bzw. Wiederholung der ersten Gruppierung ist dagegen nicht nur deutlich erfasst, sondern auch abgebildet. In F. 2 entsprechen die größeren Kreise einer langsameren Ereignisfolge, die letzte Viertelnote des ersten und zweiten ›Taktes‹ wird nicht als länger empfunden und dargestellt, sondern die schnelle Ereignisfolge steht im Vordergrund. In der Tat klingen geklopfte oder geklatschte Töne ja alle gleich lang – oder eher kurz – in Standard-Notation übersetzt hieße dies die dazu eigentlich zu ergänzenden Achtelpausen werden eben nicht notiert weil die Aufmerksamkeit nicht den Abstand zum folgenden Klangereignis fokussiert, sondern den zum vorangegangenen. Die Ereignisse werden in Beziehung gesetzt zu einer Art Richtgeschwindigkeit, Bamberger spricht von einem »normative pace« (ebd., S. 180), die Zeichnung zeigt deutlich, wo sich die Tempi verändern. Offensichtlich wird aus dem Schriftbild auch, dass die zwei Achtel plus nachfolgendem Viertel (in das offizielle Notensystem übersetzt) als geschlossene, sich wiederholende Geste, eben als Figur, wahrgenommen werden. Unter »Metric Types« (s. o.) stellt M. 1 die Zahl der Ereignisse dar, Gruppierung und


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