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Seite 7 - E.T.H. Hoffmann: Die Fermate


dannen, aber nur bis auf die nächste Station, wo ich blieb, um meine Göttin zu erwarten. Ein wohlgespickter Beutel setzte mich in den Stand, alles gehörig vorzubereiten. Recht romantisch wollte ich die Damen wie ein beschützender Paladin zu Pferde begleiten; ich wußte mir einen nicht besonders schönen, aber nach der Versicherung des Verkäufers geduldigen Gaul zu verschaffen und ritt zur bestimmten Zeit den Sängerinnen entgegen. Bald kam der kleine zweisitzige Wagen langsam heran. Den Hintersitz hatten die Schwestern eingenommen, auf dem kleinen Rücksitz saß ihr Kammermädchen, die kleine dicke Gianna, eine braune Neapolitanerin. Außerdem war noch der Wagen mit allerlei Kisten, Schachteln und Körben, von denen reisende Damen sich nie trennen, vollgepackt. Von Giannas Schoße bellten mir zwei kleine Möpse entgegen, als ich froh die Erwarteten begrüßte. Alles ging glücklich vonstatten, wir waren schon auf der letzten Station, da hatte mein Pferd den besondern Einfall, nach der Heimat zurückkehren zu wollen. Das Bewußtsein, in dergleichen Fällen nicht mit sonderlichem Erfolg Strenge brauchen zu können, riet mir, alle nur mögliche sanfte Mittel zu versuchen, aber der starrsinnige Gaul blieb ungerührt bei meinem freundlichen Zureden. Ich wollte vorwärts, er rückwärts, alles, was ich mit Mühe über ihn erhielt, war, daß, statt rückwärts auszureißen, er sich nur im Kreise drehte.

Teresina bog sich zum Wagen heraus und lachte sehr, während Lauretta, beide Hände vor dem Gesicht, laut aufschrie, als sei ich in größter Lebensgefahr. Das gab mir den Mut der Verzweiflung, ich drückte beide Sporen dem Gaul in die Rippen, lag aber auch in demselben Augenblick, unsanft hinabgeschleudert, auf dem Boden. Das Pferd blieb ruhig stehen und schaute mich mit lang vorgerecktem Halse ordentlich verhöhnend an. Ich vermochte nicht aufzustehen, der Kutscher eilte mir zu helfen, Lauretta war herausgesprungen und weinte und schrie, Teresina lachte unaufhörlich. ich hatte mir den Fuß verstaucht und konnte nicht wieder aufs Pferd. Wie sollte ich fort; Das Pferd wurde an den Wagen gebunden, in den ich hineinkriechen mußte. Denke dir zwei ziemlich robuste Frauenzimmer, eine dicke Magd, zwei Möpse, ein Dutzend Kisten, Schachteln und Körbe und nun noch mich dazu in einen kleinen zweisitzigen Wagen zusammengepackt – denke dir Laurettas Jammern über den unbequemen Sitz – das Heulen der Möpse – das Geschnatter der Neapolitanerin – Teresinas Schmollen – meinen unsäglichen Schmerz am Fuße, und du wirst das Anmutige meiner Lage ganz empfinden.

Teresina konnte es, wie sie sagte, nicht länger aushalten. Man hielt, mit einem Satz war sie aus dem Wagen heraus. Sie band mein Pferd los, setzte sich quer über den Sattel und trabte und kurbettierte vor uns her. Gestehen mußte ich, daß sie sich gar herrlich ausnahm.

Die ihr in Gang und Stellung eigene Hoheit und Grazie zeigte sich noch mehr auf dem Pferde. Sie ließ sich die Chitarra hinaufreichen und, die Zügel um den Arm geschlungen, sang sie stolze spanische Romanzen, volle Akkorde dazu greifend. Ihr helles seidenes Kleid flatterte, im schimmernden Faltenwurf spielend, und wie in den Tönen kosende Luftgeister nickten und wehten die weißen Federn auf ihrem Hute. Die ganze Erscheinung war hochromantisch, ich konnte kein Auge von Teresina wenden, unerachtet Lauretta sie eine phantastische Närrin schalt, der die Keckheit übel bekommen würde. Es ging aber glücklich, das Pferd hatte allen Starrsinn verloren, oder es war ihm die Sängerin lieber als der Paladin, kurz – erst vor den Toren der Residenz kroch Teresina wieder ins Wagengehäuse hinein.


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