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Seite 6 - E.T.H. Hoffmann: Die Fermate


aufmunterndes Bravo nach dem andern von Lauretta, das Orchester fügte sich, es ging immer besser. In der zweiten Probe wurde alles klar, und die Wirkung des Gesanges der Schwestern im Konzert war unbeschreiblich. Es sollten in der Residenz bei der Rückkunft des Fürsten viele Feierlichkeiten stattfinden, die Schwestern waren hinüberberufen, um auf dem Theater und im Konzert zu singen; bis zur Zeit, wenn ihre Gegenwart notwendig, hatten sie sich entschlossen, in unserm Städtchen zu verweilen, und so kam es denn, daß sie noch ein paar Konzerte gaben. Die Bewunderung des Publikums ging über in eine Art Wahnsinn. Nur die alte Meibel nahm bedächtig eine Prise aus dem Porzellanmops und meinte, solch impertinentes Geschrei sei kein Gesang, man müsse hübsch duse singen. Mein Organist ließ sich gar nicht mehr sehen, und ich vermißte ihn auch nicht. Ich war der glückseligste Mensch auf Erden! – Den ganzen Tag saß ich bei den Schwestern, akkompagnierte und schrieb die Stimmen aus den Partituren zum Gebrauch in der Residenz. Lauretta war mein Ideal, alle bösen Launen, die entsetzlich aufbrausende Heftigkeit – die virtuosische Quälerei am Flügel – alles ertrug ich mit Geduld! –

Sie, nur sie hatte mir ja die wahre Musik erschlossen. Ich fing an das Italienische zu studieren und mich in Kanzonetten zu versuchen. Wie schwebte ich im höchsten Himmel, wenn Lauretta meine Komposition sang und sie gar lobte! Oft war es mir, als habe ich das gar nicht gedacht und gesetzt, sondern in Laurettas Gesange strahle erst der Gedanke hervor. An Teresina konnte ich mich nicht recht gewöhnen, sie sang nur selten, schien nicht viel auf mein ganzes Treiben zu geben, und zuweilen war es mir sogar, als lache sie mich hinterrücks aus. Endlich kam die Zeit der Abreise heran. Nun erst fühlte ich, was mir Lauretta geworden und die Unmöglichkeit, mich von ihr zu trennen. Oft, wenn sie recht smorfiosa gewesen, liebkoste sie mich, wiewohl auf ganz unverfängliche Weise, aber mein Blut kochte auf, und nur die seltsame Kälte, die sie mir entgegenzusetzen wußte, hielt mich ab, hell auflodernd in toller Liebeswut sie in meine Arme zu fassen. – Ich hatte einen leidlichen Tenor, den ich zwar nie geübt, der sich aber jetzt schnell ausbildete. Häufig sang ich mit Lauretta jene zärtliche italienische Duettini, deren Zahl unendlich ist. Eben ein solches Duett sangen wir, die Abreise war nahe – ›senza di te ben mio, vivere non poss'io‹ – Wer vermochte das zu ertragen! – Ich stürzte zu Laurettas Füßen – ich war in Verzweiflung! Sie hob mich auf: ›Aber mein Freund! dürfen wir uns denn trennen?‹ – Ich horchte voll Erstaunen hoch auf. Sie schlug mir vor, mit ihr und Teresina nach der Residenz zu gehen, denn aus dem Städtchen heraus müßte ich doch einmal, wenn ich mich der Musik ganz widmen wolle. Denke dir einen, der in den schwärzesten bodenlosen Abgrund stürzt, er verzweifelt am Leben, aber in dem Augenblick, wo er den Schlag, der ihn zerschmettert, zu empfinden glaubt, sitzt er in einer herrlichen hellen Rosenlaube, und hundert bunte Lichterchen umhüpfen ihn und rufen: ›Liebster, bis dato leben Sie noch!‹ So war mir jetzt zumute. Mit nach der Residenz! das stand fest in meiner Seele! –

Nicht ermüden will ich dich damit, wie ich es anfing, dem Onkel zu beweisen, daß ich nun durchaus nach der ohnehin nicht sehr entfernten Residenz müßte. Er gab endlich nach, versprach sogar mitzureisen. Welch ein Strich durch die Rechnung! –

Meine Absicht, mit den Sängerinnen zu reisen, durfte ich ja nicht laut werden lassen. Ein tüchtiger Katarrh, der den Onkel befiel, rettete mich. Mit der Post fuhr ich von



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