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- 5 - Ludwig Thoma: DAS VOLKSLIED


,,I ho's in a Heft von mein Deandl einig'schrieb'n", bemerkte er, ,,müssen S' scho entschuldinga' bal's it schö g'schrieb'n is ..."

,,Das ist ganz nebensächlich... nur her damit!"

Doktor Habergais nahm nicht ohne Hast das verschmierte, öl-, tinten- und fettfleckige Heft an sich und öffnete es.

Es war wirklich auf den ersten Blick zu erkennen, daß hier eine ungeübte, schwere Hand gewaltet hatte, aber das gerade verlieh dem Ganzen einen gewissen Reiz.

Wie die Buchstaben bald schief, bald gerade standen, wie die Zeilen bergauf und talab liefen, wie hier die Feder sich gesträubt und dort festgehakt hatte, wie sie hier ausgeglitten war und dort sich mühsam in das Papier eingebohrt hatte, wie unter verwischten, aufgeschleckten länglichen und runden Klecksen Buchstaben, halbe Worte, ganze Worte versteckt lagen, alles das war unvergleichlich anziehender als etwa eine glatte, charakterlose Schrift.

Eben weil es echt war, von unleugbar schwielenbedeckter Hand oder nein! Faust mühsam hingesetzt.

Habergais lächelte befriedigt und begann zu lesen.

"Äs...p...brr...praußt...ein...r...rh...ruhf... wie... t... tohner.., hal...wie s... ß... schwärth,.. ke... geklirr un... wa... wah... gen... bral..."

- - - - - - - - - -  -  - -  - - -  ? ?

,,Was ist das? Was soll das sein, Matheiser?"

,,Han?"

,,Was das sein soll, frage ich."

,,A Liad..."

,,Das ist doch ,Die Wacht am Rhein'!"

,,Ka scho sei, daß ,s a so hoaßt..."

,,Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen mir Lieder auf' schreiben, die Ihre Burschen singen."

,,Ja, dös singan s'."

,,Das??"

,,Dös singan s' fei gern!,,

,,Also... Matheiser...!"

Habergais überflog die anderen Seiten, die aus Bruchstücken erkenntlichen Lieder.

Ein sehr langes. ,,Heul unserm König... heul!" ein kurzes ,, ... im gruhnen walth is holzauxion...", und wieder ,,0 du liber augastien", ,,Ich hath einen Kahmeraten", und das letzte noch ,,Das schöne land, wo meine wihge stand".

Der Rechtsgelehrte blickte den Ökonomen durchdringend an. ,,Also das sind...??"

,,Dös singan s' alssammete", sagte Hirtner treuherzig und ohne Arg ... ,,und derfan S' g'wiß glaab'n, Herr Dokta, daß i mi schö plagt hab' und d' Bäuerin sagt aa, mit dem Glump derfst ma nimma komma, sagt s'..."

,,Es ist recht, Matheiser, Sie haben lhre vier Mark, gehen Sie!" ,,Und, sagt d' Bäuerin, a so a spinnate Arbet, sagt .s', muaß ,s net glei wieda geb'n..."

,,Gehen Sie, sage ich!"

,,Und... Herr Dokta... bal's grad gang, soll i Eahna nomal a sechsi auf schreib'n...?"


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