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- 4 - Ludwig Thoma: DAS VOLKSLIED


 Unbiegsamkeit der Folgerungen, welche in einer Linie auf einen Punkt hinstreben und nie nach den Seiten hin ausladen. Dieses schien ein Problem zu sein, und zwar ein beachtenswertes.


Tja - ja.

Ubrigens waren seitdem etwa drei Wochen ins Land gegangen, und Doktor Habergais gedachte wohl öfter seines Vorhabens und malte sich nicht ohne Behaglichkeit die literarischen Aufgaben aus, welche ihm die Wintermonate verkürzen konnten.

Er blätterte in dem Hefte aus schönem Büttenpapier und sah im Geiste die Seiten mit reinlicher Schrift gefüllt, die Titel der Lieder in zierlicher Rundschrift in die Mitte gesetzt, dann den roten Strich, und kluge landeskundliche Anmerkungen und Erläuterungen darunter geschrieben.

Es konnten sehr lange, begleitende Kommentare werden, wenn man etwas Dialektforschung trieb, über Wortwerte, Wertunterschiede einzelner Dialektformen sich verbreitete, Belegstellen anführte und überhaupt wissenschaftlich verfuhr.

Ob sich der Matheiser noch an sein Versprechen erinnerte?

Es deuchte Herrn Doktor Habergais manches Mal zweifelhaft, aber dann glaubte er doch wieder, daß die Freude am leichten Verdienst den Mann anspornen könnte.

Und wirklich kam eines Vormittags Jakob Hirtner zur Türe herein und holte ein in Zeitungen gewickeltes verknittertes Schulheft aus der Tasche.

,,Ha! Da ist ja mein Mitarbeiter... da ist ja der Matheiser! Na, also haben Sie Lieder gefunden?"

,,Herr Dokta, i sag's glei, wia's is, schö hab i net g´schrieb'n.."

,,Macht doch nichts!",

,,Und... an Arbeit is dös! Des sell tat i fei nimma! A Markl derfat´n S' no extra zahl'n, a so hab i mi scho plagt..."

,,Darüber läßt sich reden..."

,,D' Bäuerin hat aa g'sagt' daß dös koa Macha net is, sagt's, und wei ma mit da Tint'n a so umanandschmiert, sagt's..."

,,Wie viele Lieder haben Sie denn, Matheiser?" ,,Sechsi, wia ma's ausg'macht ham."

,,Sechs? Bravo! Das ist schon ein Anfang!"

,,Ja, san drei Markl, und oana derfat'n S' no spitz'n, weil d' Bäuerin aa sagt, dössell derfat ihr nimma fürkemma."

,,Na gut, Matheiser! Ich gebe Ihnen vier Mark, aber Sie versprechen mir, daß Sie auch weiter für mich sammeln,, das heißt gelegentlich ein Lied aufschreiben..."

,,Na... na! Herr Dokta' dössell konn i durchaus gar it vasprecha, und mit'n Schreib'n hon i's überhaupt it. I tua ma scho so bluati hart, daß ,s höcha nimma geht..."

No... no. . . Matheiser, so schlimm ist das nicht. Später haben Sie vielleicht selber Freude daran...,"

,,Dös glaub i gar it."

,,Da haben Sie vier Mark, und nun geben Sie mir Ihre Aufschreibungen!"

Hirtner nahm das Geld und wickelte das fettige Zeitungspapier auseinander.


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