oder gar Schule war und schon
1968 durch einen Streit zwischen Godard, der sich für die Studentenrevolte
engagierte und Truffaut, der immer mehr zum Mainstream tendierte, beendet
wurde, verdankt das Kino ihr doch einige vor allem inhaltliche und künstlerische
Neuerungen.
In England wurde die Bewegung ›Free Cinema‹ sogar vom BFI (British Film
Institute) unterstützt. Neben jungen englischen Nachwuchsregisseuren wie z. B. Tony
Richardson, Karl Reisz oder Lindsay Anderson, wurden auch unbekanntere Filme
französischer, amerikanischer oder polnischer Herkunft unterstützt. So u. a. auch
die des Polen Roman Polanski. Zunächst wandten sich die jungen Regisseure
halbdokumentarischen Kurzfilmen zu und thematisierten vor allem den Alltag der
Arbeiterklasse in ihrem eigenen Land. Von Vorteil für solche Projekte war hier sicherlich
der Wechsel von der eher schwerfälligeren 35-mm-Apparatur zur sehr flexibel
einsetzbaren 16-mm-Kamera. Diese sozialdokumentarischen Filme wurden zwischen
1956 und 1959 in unterschiedlichen Zusammenstellungen im Londoner National
Film Theater vorgestellt. Als man später dazu überging, auch Spielfilme zu
produzieren,94
Das bekannteste Beispiel dürfte Tony Richardsons Film ›Tom Jones – Zwischen Bett
und Galgen‹ (1962) nach einem Roman von Henry Fielding aus dem 18. Jahrhundert
sein.
|
verschwammen allerdings die Grenzen zwischen ›Free Cinema‹ und kommerziellen
Spielfilmproduktionen wieder ziemlich schnell.
In den USA fanden die interessantesten Neuerungen im ›Underground‹ statt, der von
einigen New Yorker Regisseuren, wie z. B. Kenneth Anger, Ron Rice oder James und John
Whitney ausging. ›Overground‹ produzierte nur der Pop-art-Künstler Andy Warhol eine
Reihe kommerziell erfolgreicher ›Underground‹-Filme. Viele der Filme durften öffentlich
nicht gezeigt werden, da sie zu sozialkritisch und oft auch sexuell zu freizügig
waren.95
So z. B. auch Jack Smith’ ›Flaming creatures‹ (1963), in dem eine Orgie mit einigen Frauen und
Transvestiten in einem Manhattener Kaufhaus gezeigt wird.
|
Entschieden wurde mit Zensur, Polizei-Razzien oder Verunglimpflichung
durch die Presse gegen die ›Underground‹-Filmer vorgegangen. Dazu Andrea
Gronemeyer:96
»Sozialkritischer Realismus, die drastische Darstellung von Sexualität
und der Nihilismus abstrakter ›Anti-Action‹ – alle Erscheinungsformen
des Underground-Kinos zeigten Seiten amerikanischer Wirklichkeit,
die Hollywood konsequent ignoriert hatte. Die offene Feindseligkeit
gegenüber der Underground-Bewegung belegt, wie sehr das Anti-Kino
mit der wirklichkeitsfernen Ästhetik der Traumfabrik zugleich auch die
Grundüberzeugungen Amerikas angriff: den unerschütterlichen, tief in
der Gesellschaft der USA verwurzelten Glauben an den ›amerikanischen
Traum‹.«
Auch in Deutschland unterstützte der Staat finanziell durch Steuernachlässe,
Subventionen und günstigen Krediten die in den sechziger Jahren am Boden
liegende Filmindustrie. Angeregt durch die ›Nouvelle Vage‹ in Frankreich
unterzeichneten 26 junge Regisseure auf den Oberhausener Kurzfilmtagen das so
genannte ›Oberhausener Manifest‹. Die Umsetzung der im Manifest formulierten
Ziele sollte durch das 1965 gegründete ›Kuratorium Junger Deutscher Film‹
erfolgen. Schon wenige Jahre später verzeichnete man die ersten internationalen
Erfolge.97
Dazu gehörten u. a. ›Der junge Törless‹ (1965, R.: Volker Schlöndorff), ›Schonzeit für Füchse‹
(1965/66, R.: Peter Schamonis), ›Es‹ (1966, R.: Peter Schamonis) sowie ›Abschied von gestern‹
(1966, R.: Alexander Kluge).
|
Von der Thematik her knüpfte man in Deutschland an England und Frankreich an und
setzte |