- 73 -Wollermann, Tobias: Musik und Medium 
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der faschistischen Ära doch eher formale Traditionen mit einer glatten Ästhetik im Vordergrund, so begann nun vor allem in Italien eine der fruchtbarsten und einflussreichsten künstlerischen Bewegungen in der Filmgeschichte: der italienische Neorealismus.83
83Vgl. dazu auch Hartmut Köhler: ›Die einfachen Wahrheiten – Der italienische Neorealismus: Die Erde bebt (La Terra Trema, 1947)‹ in Band 3 von [Rother(1997), S. 80–101]
Einer der bedeutendsten und frühesten Filme ist ›Rom, offene Stadt‹ (1945; R.: Roberto Rossellini), der trotz melodramatischer Züge ein außergewöhnlich authentisches Bild der letzten Kriegsphase liefert. Andere bekannte Regisseure, die sich dem Neorealismus zuwandten sind u. a. Alessandro Blasetti (›Lüge einer Sommernacht‹ 1942), Vittorio de Sica (›Der Schuhputzer‹ 1946, ›Fahrraddiebe‹ 1948, ›Umberto D.‹ 1951), Luchino Visconti (›Die Erde bebt‹ 1947), Giuseppe de Santis (›Bitterer Reis‹ 1949) oder Federico Fellini (›La Strada‹ 1954). Thematisiert wurde vor allem der Blick auf die wirklichen Dinge, so wie sie sind. Obwohl der Neorealismus schon bald durch massive Kritik aus unterschiedlichen Lagern sowie dem Bedürfnis der Bevölkerung, endlich alles zu vergessen, ein rasches Ende fand, war sein Einfluss enorm. Dazu schreibt Gronemeyer:84

»Der Einfluß des italienischen Neorealismus auf das Weltkino übertraf seine unmittelbare Verbreitung bei weitem. Seine typischen Stilmerkmale wurden von jungen Nachwuchsregisseuren auf der ganzen Welt zu einem Kino der Moderne weiterentwickelt.«

Trotzdem wurde der Krieg auch in den Filmproduktionen Hollywoods thematisiert: Der ›film noir‹ – dieser Begriff wurde 1946 durch französische Kritiker geprägt – manifestierte sich als Stil in verschiedenen Genres wie z. B. dem Melodram, dem Western, dem Muiscal und vor allem in dem Kriminalfilm. Im Gegensatz zum Gangsterfilm der dreißiger Jahre sind im ›film noir‹ die Grenzen zwischen Gut und Böse nicht mehr klar definiert. Nach Kriegsende rückten im ›film noir‹ immer mehr die Kriegsheimkehrer in den Mittelpunkt, die desorientiert und entfremdet ihren Platz in der Gesellschaft suchten. Hier sind Filme wie ›Die Spur des Falken / Der Malteser Falke‹ (1941, R.: John Huston), ›Von Agenten gejagt‹ (1943, R.: Norman Foster), ›Frau ohne Gewissen‹ (1944, R.: Billy Wilder), ›Tote schlafen fest‹ (1946, R.: Howard Hawks), ›Gefährliche Leidenschaft‹ (1950, R.: Joseph H. Lewis) bis hin zu Orson Welles 1958 erschienenem Film ›Im Zeichen des Bösen‹ zu nennen.85

85Eine ausführliche Filmografie zum ›film noir‹ findet sich bei [Werner(1985), S. 165–207].

Des Weiteren standen in Hollywood vor allem glamoröse Musicals, sentimentale Melodramen und aufwendige Historienspektakel auf dem Programm86

86Nicht zuletzt aufgrund des Übergangs zum Kalten Krieg und des daraus resultierenden Vorgehens gegen den Kommunismus durch den Senator Joseph McCarthy. Dieser setzte auch Hollywood durch die Aktivitäten seines ›Ausschuß gegen unamerikanische Umtriebe‹ (HUAC) enorm unter Druck. »Die Auswirkung der Hexenjagd auf die Filmkunst waren verheerend […] Beinahe panisch unterdrückten die Filmproduzenten alle kritischen Töne, so daß das Filmangebot der 50er Jahre nach der kurzen Blüte sozialkritischer und realistischer Filme vor allem auf Bewährtes setzte, gleichförmig und oberflächlich blieb.« Vgl. [Gronemeyer(1998), S. 102].
während sich in Deutschland der Heimatfilm87
87Einer der größten Erfolge war der 1951 erschienenen Film ›Grün ist die Heide‹ unter der Regie von Hans Deppe.
großer Beliebtheit erfreute. Hier wurde eine

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