- 70 -Wollermann, Tobias: Musik und Medium 
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hierfür sind z. B. der Pseudodokumentarfilm ›Der ewige Jude‹ (1940; R.: Hippler) oder ›Jud Süß‹ (1940; R.: Veit Harlan). In Bezug auf den Nationalsozialismus sind des Weiteren noch die Filme der Regisseurin Leni Riefenstahl zu erwähnen. Riefenstahls in ihrer visuellen Suggestionskraft und Faszination einzigartigen Filme über den Parteitag 1934 ›Triumph des Willens‹ (1935) oder über die Olympiade 1936 ›Olympia I: Fest der Völker‹ und ›Olympia II: Fest der Schönheit‹ (beide 1938) werden heute nicht nur als Beispiele für eine hohe Dokumentarfilmkunst, sondern auch als Beispiel für eine faschistische Ästhetik herangezogen. Sie zeichnen sich vor allem durch eine präzise Verbindung von Massenregie, ausgefeilter Bildästhetik und darauf abgestimmte rhythmische Montage aus und trugen wesentlich zur Stärkung des NS-Bewegung bei.

Gleichzeitig entstanden in Hollywood die ersten Filme gegen Hitler und das NS-Regime. Einer der ersten Filme war Charly Chaplins Satire ›Der große Diktator‹ (1938–1940). Weitere Filme, die einen Beitrag zur antinazistischen Propaganda lieferten, sind z. B. ›Ich war ein Spion der Nazis‹ (1939; R.: Anatol Litvak), ›Menschenjagd‹ (1941; R.: Fritz Lang), ›Sein oder Nichtsein‹ (1942; R.: Ernst Lubitsch) oder ›Die Spur des Fremden‹ (1946; R.: Orson Welles). Sogar der sonst sich jeglichen politischen Engagements enthaltende Alfred Hitchcock trug mit Filmen wie ›Mord‹ (1940), ›Saboteur‹ (1942) oder ›Das Rettungsboot‹ (1943) zum Aufbau einer antinazistischen Propaganda bei.

In den Kriegsjahren wurde in Hollywood viel Geld verdient. 1946 stiegen die Gesamteinnahmen sogar auf 1,7 Milliarden Dollar. In den USA wurden in diesem Jahr über 500 Filme produziert und 50 % der Bevölkerung besuchten jede Woche einen Film. Der Bedarf nach ablenkender Unterhaltung war besonders groß. Zugleich beschränkte der Krieg die Konkurrenz aus den europäischen Ländern, deren Produktion sich nach Ende des ersten Weltkrieges enorm steigerte. Wie bereits erwähnt (vgl. Seite 65) war es in den zwanziger Jahren in Deutschland hauptsächlich die Ufa, die enorme Erfolge und Einnahmen verzeichnen konnte. In den dreißiger Jahren waren es vor allem Franzosen und Engländer, die Hollywood Konkurrenz machten.74

74Trotz des großen Druckes der englischsprachigen Hollywood-Filme wurden in Großbritannien 1936 insgesamt 225 Filme produziert. Damit lag es an der zweiten Stelle in der Welt. Vgl. dazu [Monaco(1998), S. 248].
Der Beginn des Krieges beendete zwar auf der einen Seite diese Konkurrenz, auf der anderen Seite wurden die wichtigen Exportmärkte genauso verschlossen. Nun aber, gegen Ende des zweiten Weltkrieges, überschwemmte Hollywood regelrecht den aufnahmewilligen europäischen Markt mit seinen Produkten.

Einen weiteren positiven Effekt hatte der Krieg noch für Hollywood: er zögerte in gewisser Weise die Einführung des Fernsehens hinaus. Das Fernsehens wurde in den dreißiger Jahren bereits erfolgreich vorgestellt und stellte eine immer größer werdende Konkurrenz für das Kino dar.75

75Zur Entwicklung des Fernsehens vgl. Kapitel 5.3.

Schon bald nach dem außerordentlichen Erfolgsjahr 1946 kam es in Amerika zum absoluten Einbruch bei den Zuschauerzahlen. Auf der einen Seite lag das daran, dass man sich nach dem Krieg wieder mehr ins Privatleben zurückzog. Viele der aus dem Krieg heimkehrenden Männer siedelten mit ihren Frauen aus den Städten in die Vorstädte, gründeten Familien und hatten kaum noch Zeit ins Kino zu gehen.


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