- 68 -Wollermann, Tobias: Musik und Medium 
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in dem gesprochen wurde, begeisterte ›Der Jazz-Sänger‹ (1927) das Publikum mit den Zeilen: »Wait a minute! Wait a minute! You ain’t heard nothing yet.«

Obwohl sich bereits 1929 über die Hälfte der ca. 20.500 amerikanischen Kinos auf den Tonfilm umgestellt hatten und dieser sich auch langsam in Europa ausbreitete, gab es doch enorme Schwierigkeiten, die die Jahre 1928 bis 1932 prägten. Dies lag nicht zuletzt an der Wirtschaftskrise65

65Den Beginn der Wirtschaftskrise markiert der New Yorker Börsenkrach am 25. Oktober 1929, der so genannte ›Schwarze Freitag‹.
und der damit verbundenen Konjunkturkrise. Ästhetische Einwände gegen die neue Technik spielten zwar eher eine untergeordnete Rolle, doch erscheint es notwendig, sie kurz zu erwähnen. Manche Regisseure prophezeiten sogar den Untergang der Filmkunst durch die neue Technik. Zu verstehen sind solche Einwände insofern, als dass die komplizierte Technik sowohl Kamera als auch Darsteller sehr in der Bewegungsfreiheit einschränkte. Auch das Drehen an Originalschauplätzen war zunächst einmal nicht mehr möglich. Erst 1932 waren auf der einen Seite die technischen Probleme zum großen Teil gelöst, andererseits half »der Gebrauch von Tonschnitt, -mischung und Nachsynchronisation […], die Beschränkungen, die der Ton zunächst auferlegt hatte, zu überwinden.«66

1933 begann schließlich die ›Goldene Ära Hollywoods‹. Es wurden Filme en masse produziert und die Studios kontrollierten außer der Herstellung des Rohfilms und der technischen Ausrüstung jeden Schritt des Prozesses von der Produktion bis zur Distribution bei der Herstellung eines Films. Dabei arbeiteten die Studios wie straff geführte Fabriken mit fest angestelltem Personal für Deko-, Kostüm- und Post-Production-Abteilung. Auch die Techniker, Regisseure und Schauspieler waren fest angestellt. Zu den Hochzeiten produzierte das größte Hollywoodstudio MGM in 22 Tonateliers und auf 40 Hektar Freigelände mit festen Kulissenbauten 42 Spielfilme pro Jahr. Nicht selten kam es vor, dass bekannte Regisseure zum Teil fünf Filme pro Jahr drehten. Heute hingegen ist es ungewöhnlich, wenn ein Regisseur mehr als einen Film pro Jahr dreht. Durch die straffe Organisation und Verteilung der Produktion auf viele unterschiedliche Abteilungen wurde zwar kostengünstig gearbeitet, aber nachteilig wirkte sich aus, dass die künstlerischen Entscheidungen von den jeweiligen Studio- bzw. Produktionsleitern getroffen wurden. Nur in den seltensten Fällen war der Regisseur von den ersten Entscheidungen bis zur Premiere am Geschehen beteiligt. Folglich bildete sich nicht der Stil eines Regisseurs auf der Leinwand ab, sondern vielmehr der eines ganzen Studios. Dazu merkt James Monaco an:67

67[Monaco(1998), S. 246–247].

»Das Ergebnis war, daß die Studios einen eigenen Stil entwickelten, der denjenigen des Regisseurs oft überlagerte. MGM war für aufwendige Ausstattungen und Themen für ›Normalverbraucher‹ bekannt […]
Paramount, das überdurchschnittlich viele Emigranten beschäftigte, zeigte eine europäische Sensibilität, sowohl in der Darstellung wie auch in den Themen. Universal spezialisierte sich auf Horror-Filme, Republic auf Western. Warner Brothers, ein großer Konkurrent für MGM und Paramount, doch ärmer und hungriger, entwickelte – unbeabsichtigt – einen Ruf für Realismus.


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