Kie lowskis Film Der Amateur, der sowohl bei den Kritikern als auch beim Publikum
ein großer Erfolg war, ist die Synthese seiner Einstellungen und künstlerischen Suche in
den 70’ern und zugleich einer der signifikantesten Filme des ›Kinos der moralischen
Unruhe‹. Gleichzeitig schlägt Kie lowski mit diesem Film aber auch eine neue Richtung
ein. Im Vordergrund seiner Filme stehen jetzt einzelne Personen, ihre Einstellung zum
Leben, ihr Mut, ihre Moral und Verantwortung. Diese Richtung setzt sich auch in den
folgenden Filmen fort.
In Der Zufall - möglicherweise fügt Kie lowski der Erforschung von Personen und
ihrem Handeln noch die Kategorie des Zufalls hinzu. Dreimal erlebt der Protagonist die
gleiche Situation, und dreimal entwickelt sich aus dieser Situation ein anderes Schicksal,
zweimal durch Zufall, das dritte Mal wählt er es selbst aus. Allerdings ist auch diese
dritte Variation vom Zufall beeinflusst.
Der Film Ohne Ende wird von Kie lowski noch um eine transzendentale Ebene
erweitert (ein Toter greift in weltliche Ereignisse ein). Dieser Film ist aber nicht eine
Abhandlung übernatürlicher Phänomene, sondern vielmehr die rücksichtslose
Enthüllung der tragischen Periode nach der Erklärung des Kriegsrechtes in
Polen16
16
In der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember 1981 wurde nach länger andauernden
Unruhen das Kriegsrecht verhängt, welches bis zum Ende des nächsten Jahres in Kraft
blieb. Dies hatte auf viele Menschen in Polen, auf ihr Privatleben, ihre Emotionen und
Ethik desillusionierende Auswirkungen. ‚Ihr habt Euch für das Leben entschieden, und
das ist viel schwerer zu ertragen‘, sagt Rechtsanwalt Labrador in Kie lowskis Film
Ohne Ende zu seinem Mandanten.
|
mit der Feststellung, dass ein privates Leben in Abkopplung von der Gesellschaft nicht
funktionieren kann. Bei der Produktion dieses Films arbeitete Kie lowski zum ersten
Mal mit dem Rechtsanwalt Krzysztof Piesiewicz und mit dem Komponisten
Zbigniew Preisner zusammen. Kie lowski und Piesiewicz lernten sich während des
Kriegszustandes kennen, als Kie lowski einen Film über politische Gerichtsprozesse
drehen wollte. Dieser Film ist aber nie geschnitten und produziert worden,
da die Kamera im Gerichtssaal bewirkte, dass die Richter nur milde Urteile
sprachen.17
Zbigniew Preisner berichtet über das erste Zusammentreffen mit Kie lowski:
»Es war 1983 in einem entsetzlichen Restaurant in Warschau. [...] Außer
mir und Krzysztof waren da noch der Tonmann Micha arnecki und der
Kameramann Jacek Petrycki. Ich glaube, es war ein Karfreitag. Wir aßen
Sauerkrautsuppe und tranken Wodka. Krzysztof wollte damals gerade Ohne
Ende drehen – seinen ersten Film unter den Bedingungen des Kriegsrechts.
Es war ihm sehr wichtig, dass der Film gut wurde, und er hat fast eine Stunde
ununterbrochen auf mich eingeredet, ich möge doch bitte eine besonders
gute Musik dazu schreiben. Ich habe ihm scherzhaft geantwortet: ‚Herr
Kie lowski, haben Sie keine Angst, wir haben schon größere Premieren
versaut.‘«18
18
Preisner, zit. nach der Dokumentation Geschichten um Liebe und Tod (Regie: Peter Paul
Huth).
|
Im 1988/89 entstandenen Fernsehzyklus Dekalog befasst sich Kie lowski noch mehr mit
der »inneren Welt« seiner Protagonisten. Die Idee, die 10 Gebote zu verfilmen, stammt
vom Co-Autor Piesiewicz, der sich, als Laie auf dem Gebiet der Filmproduktion, keine
Vorstellung davon machte, wie aufwendig ein solches Projekt ist. Eigentlich wollten
Piesiewicz und Kie lowski nur die Drehbücher schreiben und sie zehn jungen
Nachwuchsregisseuren geben. Da sich Kie lowski aber von diesem
|