Nach Brodbeck/Hummel stellen Sendungen »volkstümlicher Musik« den Hauptanteil an
Musiksendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Reine Musiksendungen verlieren im
öffentlich-rechtlichen Fernsehen an Bedeutung (vgl. ebd., 78).
Bei privaten Fernsehsendern variiert der Anteil an Musiksendungen an der Sendezeit
stark. Nennenswert sind in diesem Zusammenhang vor allem die bereits erwähnten reinen
Musiksender.11
11 Brodbeck/Hummel erwähnen für das Jahr 1989 die Sender MTV, Super Channel und
Tele 5, wobei die beiden letzteren den Betrieb in der Zwischenzeit eingestellt haben (vgl.
Brodbeck/Hummel 1991, 79).
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»Der Anteil der Musiksendungen 1989 bei RTL Plus betrug 5,5 %, davon
entfielen 2,7 % auf E-Musik (RTL Plus täglich ›Klassik am Mittag‹ mit
dem RTL-Sinfonieorchester) und 2,8 % auf U-Musik. Der Sender Tele 5
erreichte 1989 einen Musikanteil von 47,3 %, (1988 44,5 %), der nahezu
ausschließlich auf den Bereich U-Musik entfiel. Beim Sender Pro Sieben
betrug der Musikanteil 1989 nur 0,2 %« (ebd., 80).
Nach Brodbeck/Hummel sind der Hörfunk und das Fernsehen sehr stark von
Änderungen der Empfangs- und Sendetechnik abhängig. So habe die allgemeine
Durchsetzung von Stereosendungen, die sich im Fernsehbereich noch in der
Anfangsphase befinde, »durch die deutliche Verbesserung der Empfangsqualität vor
allem den Musikübertragungen einen wichtigen Impuls gegeben« (ebd., 87). Von der
Einführung der Digitaltechnik könnten ähnliche Impulse ausgehen, da ebenfalls eine
Verbesserung des Klangs zu erwarten ist.
»Digitale Hörfunk-
und Fernsehprogramme, in Verbindung mit wiederbespielbaren CDs oder
Bildplatten könnten Musiksendungen im Hörfunk und auch im Fernsehen
auf neue Weise attraktiver machen. Das neue HDTV-System, dessen
Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, läßt vor allem für Musiksendungen
erhebliche Qualitätsverbesserungen erwarten; andere Techniken sind bereits
in der Diskussion. Auch hier zeichnet sich durch die Verkopplung von
Fernsehen und Datenübertragung bzw. –verarbeitung ein synergetischer
Entwicklungsprozeß ab, der die Musikwirtschaft insgesamt verändern wird«
(ebd.).
Allgemein sprechen Brodbeck/Hummel dem Fernsehen als Werbemedium für
›Musikgruppen‹ und ›Gesangskünstlern‹ eine zunehmende Bedeutung zu, wobei
Videoclips eine besondere Rolle spielen dürften (vgl. ebd., 179).
MTV
Die seit 1987 bestehende Medienordnung, die private Anbieter neben den
öffentlich-rechtlichen Programmen zuläßt, hat innerhalb der Programmstruktur des
Fernsehens zu Veränderungen geführt, die auch die Musik bzw. den Musikmarkt
betreffen. In deutschen Kabelhaushalten können gegenwärtig vier Privatsender mit
hohem Musikanteil, meist in Form von Videoclips empfangen werden: hierbei handelt es
sich um die Sender MTV, VIVA, VIVA 2 und VH-1. Ich werde mich im folgenden Teil
der Arbeit mit MTV, dem bekanntesten dieser vier Sender befassen, da er gleichzeitig
den Orientierungspunkt für die Arbeitsweise der anderen Sender abgibt (vgl. Wicke
1992, 471).
In den USA ging MTV bereits 1981 auf Sendung. Der Sender wird vielfach als
›Schöpfer‹ des Musikvideos bezeichnet. Zwar stimmt das in den USA ausgestrahlte
Programm des Senders nicht hundertprozentig mit dem des in Deutschland zu
empfangenden Ablegers MTV Europe überein, doch kann die amerikanische Literatur
hinsichtlich der Ästhetik, Wirkungsweise bzw. bezüglich des Einflusses, den
dieses Musikprogramm auf den Musikmarkt ausübt, annähernd übertragen
werden, da das Konzept, welches hinter den beiden Programmen steht, identisch
ist.12
12 Die Literatur, auf die ich mich im folgenden stütze, stammt aus der anglo-amerikanischen
Forschung und bezieht sich vorwiegend auf MTV USA.
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Die Entstehung des Musikkanals MTV geht nach Denisoff vor allem auf die
Medienaktivitäten von American Express zurück, die einen Anteil von 50 Prozent an der
Warner Cable Communications (WCC) erwarben und etwas später die Warner
Amex Satellite Entertainment (WASEC) gründeten, die das Konzept einzelner
Programme entwickeln und sich um adäquate Inhalte kümmern sollte. Die
Geschäftsleitung von WASEC übernahm der ehemalige CBS-TV-Chef John A.
Schneider.
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