ein Minimum an
gemeinwohlorientierter Rundfunksteuerung, wobei es sich in der Praxis bisher allerdings
für den Hörer von privaten Sendern als schwer erweist, dieses innerhalb ihres
Programmangebotes zu orten.
Rüdiger Weissbach schreibt in seiner 1986 veröffentlichten Schrift Rundfunk und neue
Musik:
»Mit einem Anteil am Gesamtprogramm des bundesdeutschen Hörfunks
von deutlich über 50 % nimmt auch heute die Kategorie ›Musik‹ mit
Abstand den ersten Platz unter den verschiedenen Programmsparten ein.
Insgesamt ist auch für die Gegenwart zu konstatieren, daß direkt und
indirekt eine Vielzahl Musikschaffender primär oder zu wesentlichen Teilen
ökonomisch vom Rundfunk abhängig sind (...). Neben die ökonomische
Bedeutung des Rundfunks für den Musikbetrieb tritt die kulturpolitische,
die durch die Programmarbeit vollzogen wird: Zwar ist tendenziell das
Programm an den Interessen der Hörer ausgerichtet – mit deutlichem
›Übergewicht der U-Musik‹ –, jedoch werden ›Hörerminderheiten‹ durch
die Programmgestaltung relativ gut mit spezifischen Programmen versorgt.
Für bestimmte Musikstile/-gattungen stellt das Radio die einzige relevante
Distributionsform dar (Avantgarde, außereuropäische Musik, moderner Jazz,
›Alte Musik‹)« (Weissbach 1986, 84f.).
Weissbach nimmt an, daß im Zuge wachsender Konkurrenz durch Privatsender auch
die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihr Programm verstärkt an den
Hörermajoritäten ausrichten werden, was zwar im Gegensatz zu den Forderungen des
Kulturauftrages stehe, aber schon angesichts der hohen Durchschnittskosten der
›künstlerisch-kulturellen‹ Programme pro Sendeminute bei der gleichzeitig
geringen Anzahl von Hörern, die hierdurch erreicht werden, wahrscheinlich
sei.
»Möglich ist somit, daß – indem der Umfang der Förderung, der bisher ihre
strukturelle Bedeutung hervorrief, eingeschränkt wird – die Förderung der
zeitgenössischen ›E-Musik‹ durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sich
von einer strukturellen zu einer fallweisen wandeln könnte. Dies wiederum
besäße – derzeit nicht überschaubare – strukturelle Auswirkungen auf den
Markt für musikalische Kompositionen und allgemein auf das Musikleben
bzw. das kulturelle Leben im weiteren Sinn« (ebd., 164).
Es ist anzunehmen, daß die von Weissbach 1986 aufgestellten Vermutungen zwar bisher
nur in begrenztem Maße eingetroffen sind; falls aber neue digitale Radiosysteme
wie ADR und/oder DAB, die via Satellit oder Kabel verbreitet werden, neue
Angebotsformen wie Pay-radio, verbunden mit einer zunehmenden Anzahl von privaten,
an den Werbeeinnahmen orientierten Anbietern, die auf den Markt drängen, die Zukunft
des Hörfunks kennzeichnen sollten, könnte sich dies in den nächsten 10–20 Jahren
ändern.
4.2. Das Medium Fernsehen und seine Bedeutung für den Musikmarkt unter
besonderer Berücksichtigung von Videoclips am Beispiel MTV
Das Medium Fernsehen erfuhr durch die Neuordnung des Rundfunksystems, der
Ablösung des öffentlich-rechtlichen Systems durch die Duale Rundfunkordnung, die
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