- 74 -Wolff, Harry: Musikmarkt und Medien unter dem Aspekt des technologischen Wandels  
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unerwartet hoch, was zur Folge hatte, daß nicht genügend Chips für die Receiver nachgeliefert werden konnten und sich deshalb für einige andere Europäische Länder der Start des Programms bis Ende 1996 verzögert.

Eine erste Veränderung, die der digitale Hörfunk aufgrund seiner technischen Eigenschaften mit sich bringt wäre – eine zunehmende Akzeptanz bei den Hörern vorausgesetzt – in der Einführung der neuen Angebotsform »Pay-radio« zu sehen. Die Etablierung der Nutzung solcher Angebote könnte den Tonträgermarkt negativ durch Substitutionseffekte beeinflussen und setzt die dort tätigen Firmen meiner Ansicht nach unter Zugzwang: So kann es unter diesem Blickwinkel nicht verwundern, daß hinter MCE die Plattenkonzerne Time Warner, EMI und Sony stehen.8

8 Der private Hörfunksender Klassik-Radio ist ebenfalls eine Gründung von Tonträgerherstellern (vgl. Zombik 1995, 510).
Der beschriebene Sachverhalt macht auch die primär vom technischen Wandel ausgehende, zumindest partielle Entwicklung dieser Firmen vom Tonträger- zum Programmanbieter deutlich.

Die zahlreichen Musikprogramme der beiden Pay-radio-Sender DMX und MCE verfügen jeweils über eine spezielle Musikrichtung, hier reicht das Angebot von Countrymusik über klassische Musik und Jazz bis zu Rock- und Popmusik. Das Programmangebot besteht bei MCE aus mehr als 40, bei DMX aus über 50 thematischen Pay-radio-Kanälen. Für den Empfang der Programme wird ein Spezialreceiver benötigt, der in Fachgeschäften oder auch beim Kabelbetreiber während des Probebetriebs für 20–30 DM (für DMX) bzw. für 44 DM (für MCE) gemietet werden konnte. »Durch die Ausstrahlung von DMX über das Satellitensystem ADR erhöht sich nicht nur die Anzahl übertragbarer Programme erheblich, sondern gleichzeitig vervielfacht sich das potentielle Publikum. DMX peilt in Deutschland eine Abonnentenzahl von 400.000 an, was einem Anteil von 5 Prozent des ASTRA-Publikums entsprechen würde« (ebd., 465).

Eine weitere zukünftige Angebotsform digitalen Hörfunks könnte Audio-on-demand (Hörfunk auf Abruf) werden, die interaktive Version von Pay-radio.9

9 Der Südwestfunk bot zusammen mit der Telekom auf der IFA 95 bereits einen Teil seines Radioprogramms auf Abruf an. Wer Besitzer eines Computers und eines Telekom-Online-Anschlusses (ehemals Btx bzw. Datex) war, konnte Musik, Radio-Comics und Hörspiele digitaler Qualität abrufen. Der Südwestfunk hatte bis zu diesem Zeitpunkt rund 200 Titel seines Archivs digitalisiert und auf Festplatten gespeichert.
Kunden könnten hierbei durch den direkten Zugriff auf ein Archiv beliebige Beiträge oder Musik abrufen, für die sie im Falle der Nutzung eine Gebühr entrichten müßten. »Während in Zukunft Audio-on-demand über Satelliten oder terrestrisch möglich sein soll, sind diese Dienste bisher noch an die Verbreitung über Leitungen gebunden. Der Aufwand zur Schaffung der für Audio-on-demand notwendigen Infrastruktur (d. h. die Zentrale und die Übertragungswege) ist allerdings so hoch, daß mit einer kostendeckenden Einführung in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden kann« (ebd.).

Neben der Akzeptanz durch die Nutzer hängt eine mögliche Einführung von Audio-on-demand auf dem Markt auch von der Klärung urheberrechtlicher Fragen ab, so fordern beispielsweise die Tonträgerhersteller eine angemessene Beteiligung an den Gewinnen der Pay-radio-Sender.


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