- 59 -Wolff, Harry: Musikmarkt und Medien unter dem Aspekt des technologischen Wandels  
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Hinsichtlich der ›Toncollagen‹ stellt sich die Rechtsfrage, ob diese Praxis bestehendes Urheberrecht verletzt, vorausgesetzt, es handelt sich bei den betreffenden Musikpassagen um Sampling von fremden Tonträgerproduktionen. »Gerade diese Beweisfrage stellt sich in der Praxis immer wieder als Hauptproblem dar. Insbesondere wehrt sich ein angegriffener Produzent meist mit dem Argument, er habe nicht von fremden Tonträgern gesampelt, sondern die fragliche Stelle selbst – und damit rechtmäßig – nachproduziert« (ebd.).

Rechtlich gesehen ist die Beweisführung über das menschliche Ohr nicht zulässig. Aus der Tatsache, daß sich zwei Songs identisch oder sehr ähnlich anhören, kann nicht auf Sampling geschlossen werden. Modernste Computerelektronik in High-Tech-Studios macht es möglich, Nachproduktionen herzustellen, die vom Original kaum unterschieden werden können. Der Nachweis von rechtswidrigem Sampling kann vor allem dann gelingen, wenn der kopierte, fremde Musikteil innerhalb der Neuproduktion des betreffenden Songs allein steht, nicht von anderen Sounds, Instrumenten, Schlagzeug, Percussion etc. überlagert und verfremdet wird. »Ein Vergleich mit dem Original ist dann zuverlässig möglich. Hierzu bietet sich eine grafische Analyse an. Dabei werden Original und Kopie mit Hilfe von Computern in Form von Frequenzkurven grafisch dargestellt und miteinander verglichen. Diese Frequenzkurven sind sehr genau und geben wie ein ›Fingerabdruck‹ den entsprechenden Musikteil wieder. Sind beide Frequenzkurven identisch, so ist dies ein Indiz dafür, daß das Original mittels Sampling kopiert wurde« (ebd.).

Klein fügt jedoch einschränkend hinzu, daß selbst dies noch kein absolut sicherer Beweis sein kann, da noch weitere Gründe dafür existieren, daß sich zwei Musikstücke anhören können, als seien sie identisch. Dies macht deutlich, wie schwer es dem Kläger fällt, Sampling-Vorwürfe vor Gericht zu beweisen. Nur bei menschlichen Stimmen, aufgrund ihrer starken individuellen Prägung, ist es sehr unwahrscheinlich, daß eine bestimmte Stimme von einem anderen Sänger identisch kopiert werden kann. »Ein guter Studiomusiker kann zwar möglicherweise singen wie Michael Jackson, so wie ein Stimmenimitator z. B. sprechen kann wie Ronald Reagan. Ein absolut identisches Ergebnis, wie man es wissenschaftlich etwa durch eine grafische Analyse ablesen kann, läßt sich jedoch nicht erreichen. Diese Tatsache wird man vor Gericht schon durch die Aussage eines erfahrenen Produzenten belegen können« (ebd., 579).

Wenn dagegen natürliche Instrumente wie Trompete, Gitarre, Baß etc. gesampelt werden und der kopierte Instrumentalteil innerhalb des Musikstückes nicht alleine steht, läßt sich Sampling in der Praxis schwer nachweisen. Nahezu aussichtslos wird die Beweisführung des Klägers, wenn elektronische Instrumente wie Drumcomputer oder Synthesizer gesampelt worden sind. Zwei Formen können nach Klein hierbei unterschieden werden: die Kopien von ganzen Melodien oder Melodieteilen sowie die Übernahme einzelner Töne des Originals, um neue Melodien mit dem gleichen Sound zu kreieren. In beiden Fällen wird der Nachweis schwer zu führen sein, da das gleiche Klangergebnis auch durch eine Nachproduktion unter Verwendung der gleichen Instrumente erzielt werden kann, selbst wenn das originale Klangbild auf


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