»Bestätigen die Daten dieser Untersuchung, daß sich analoge und
digitale Klangwiedergabe hörbar unterscheiden? Wir meinen: Für die
meisten untersuchten Personen trifft das mit dem im Test eingesetzten
Abspielgeräten nicht zu (...) es ist nicht vorstellbar, daß die analoge
Aufnahme ›wirklich‹ wärmer klingt, wenn 437 mal die Schallplatte als
wärmer empfunden wurde aber 219 mal die CD. Genausowenig ist es
möglich, daß die CD heller klingt – und in 549 Urteilen kam das zum
Ausdruck –, wenn die Schallplatte im selben Test 207 mal als heller bewertet
wurde« (ebd., 17f.).
Der Versuch von Behne/Barkowsky scheint also in Frage zu stellen, ob die Entscheidung
der Konsumenten, der digitalen CD-Technologie den Vorzug zu geben, allein auf
rationalen Kriterien hinsichtlich des »besseren« Klangs der Compact Disc gegenüber der
Schallplatte basierte. Es kann vermutet werden, daß hierfür noch andere Gründe
verantwortlich waren. Diese könnten unter anderem in der Propaganda der Hersteller
(»Aufbruch in ein neues technologisches Zeitalter«), der schnellen Umstellung der großen
Tonträgerkonzerne auf die neue digitale Technologie, der schlichten Tatsache, daß
die CD-Technologie neu war – Innovationen lösen schließlich fast immer eine
verstärkte Nachfrage aus, auch dann, wenn sie eher das Prädikat »anders« als
»besser« gegenüber der älteren Technologie, dem älteren Modell o.ä. verdienen –,
vielleicht auch in der einfacheren Handhabbarkeit des neuen Mediums gesehen
werden.
Die Untersuchung weist auch auf ein anderes Problem hin: Würde eine größere
empirische Untersuchung hinsichtlich der Rezeption stattfinden, mit Hilfe derer
festgestellt würde, warum die jeweils befragten Personen im Laufe der Jahre begannen,
die CD-Technologie zu präferieren, wäre trotzdem nicht klar, ob hier nicht auch
hypothesengeleitete Urteile enthalten wären bzw. bleibt bisweilen die Frage offen, ob die
Aussage x einer Person y tatsächlich auf jenen Gründen basiert, die sie selbst
angibt.
Von der Industrieseite her gesehen ergaben sich meines Erachtens neben der als
primären Kaufanreiz betrachteten »besseren« Klangqualität gegenüber der LP folgende
mögliche Gründe auf die Compact Disc zu setzen:
- Das neue Medium bot die Chance eine Preissteigerung am Tonträgermarkt
durchzusetzen, falls es zur Substitution der Schallplatte durch die CD
kommen würde.
- Durch den (laut Industrie) wesentlich besseren Klang der CD gegenüber der
LP könnten die durch das Mitschneiden auf MusiCassetten entstehenden
Umsatzeinbußen zurückgehen, da es sich bei der Kassette um ein analoges
Medium handelt, das die digitale Qualität nicht verlustfrei kopieren kann.
- Die Krise seit Beginn der achtziger Jahre veranlaßte die Industrie dazu nach
Mitteln zu suchen, die diese beenden könnte. Eine neue Technologie gab
insofern Anlaß zur Hoffnung, als technische Innovationen auch in anderen
Wirtschaftsbereichen wie zum Beispiel in der Unterhaltungselektronik
(Videorekorder) positive Impulse setzen konnten (vgl. Brodbeck 1991, 135).
- Den Erfindern und Rechteinhabern der CD-Technologie (Polygram bzw.
Philips und Sony) würde die Etablierung der CD als Massenmedium
Milliardenbeträge an Lizenzgebühren einbringen.
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