- 37 -Wolff, Harry: Musikmarkt und Medien unter dem Aspekt des technologischen Wandels  
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zur Annahme führen, das digitale System reproduziere die Klänge mit unbestechlicher Wahrhaftigkeit.

»Technisch ist diese Annahme nicht zutreffend. An mehreren Stellen werden Fehler in den Signalweg eingeschleust, nämlich dort, wo der Analog/Digital-Wandler den analogen Spannungswert approximiert und quantisiert, also dem nächst möglichen Amplitudenwert zuordnet. Die Fehler, die dort auftreten, sind zufällig verteilt und führen deshalb auch zu zufällig verteilten Signalen, dem Quantisierungsrauschen. Fehler treten auch bei der Digital/Analog-Wandlung im Abspielgerät auf, weil es technisch schwierig ist, genaue Analogspannungen aus dem Digitalcode zu erzeugen. Die Veränderung der Musik durch A/D- und D/A-Wandlung muß nicht erheblich sein, aber die jedem Typ eigene Klangfärbung dokumentiert die Variabilität des Systems« (ebd.).

Bei der Schallplatte wiederum treten Verzerrungseffekte auf, bewirkt durch die – wenn auch minimale – Verformung der Tonrille durch die Nadel. Ein gewisses Problem bei dem Versuch ergab sich aus dem gelegentlichen der Schallplatte eigenen ›Knacken‹. Da die Kunststoffoberfläche der Schallplatte sich elektrisch-statisch auflädt, passiert es, daß sich überschüssige Elektronen von Zeit zu Zeit über die Nadel entladen. Dies könnte den Wahrnehmungsprozeß der Hörer dahingehend beeinflußt haben, daß sie ab diesem Zeitpunkt dachten, bei dem vorgespielten Tonträger handele es sich um eine Platte und dadurch etwaige Kenntnisse über analoge und digitale Wiedergabequalität aktiviert würden.

Bei dem aus sieben Hörvergleichen bestehenden Test wurde den 160 Versuchspersonen jeweils vier längere (1–3 Minuten) oder sechs kürzere (ca. 20 Sekunden) Musikausschnitte identischen Inhalts vorgespielt, dabei wurde zwischen analoger und digitaler Wiedergabe abgewechselt (bei einem Hörvergleich (Vergleich 6) wurde die Reihenfolge digital/analog/digital/analog/digital/analog realisiert. Die am Versuch teilnehmenden Personen konnten während der Hörvergleiche nicht sehen, welche Abspielgeräte benutzt wurden. In einem Fall (Hörvergleich 5) spielten Behne/Barkowsky zur Absicherung der Ergebnisse ausschließlich digitale Tonträger vor. Hierbei sollte sich unter anderem zeigen, ob die Hörer die Tonträger am Klang erkennen, bzw. »in welchem Maße akustisch nicht vorhandene Unterschiede in das Urteil hinein projiziert werden«.

Bei den einzelnen Hörvergleichen wurde die zuerst angespielte Tonquelle als Position A, die zweite als Position B kodiert. Die Versuchspersonen sollten nur dann eine Position ankreuzen, wenn sie in bezug auf die sieben Items des Fragebogens Unterschiede hörten; kreuzten sie keine der beiden Positionen an, bedeutete dies, daß keine Unterschiede hörbar waren. Im Anschluß an den Hörtest wurde den Teilnehmern eine ins Deutsche übertragene, durch vier Items ergänzte Version einer Persönlichkeitsskala vorgelegt, die als »Organism Mecanism Paradigm« (OMPI, Johnson et. al. 1988) bezeichnet wird. Mit Hilfe dieses Konstruktes kann Behne/Barkowsky zufolge erfaßt werden, ob die jeweils befragte Person eine eher organismische (z. B. 2a. »Ich finde es gräßlich und ärgerlich, wenn Maschinen (Roboter) menschliche Züge erhalten«) oder mechanistische (z. B. 2b. »Ich finde es faszinierend, daß auch Maschinen lebendig und menschlich wirken können«) Weltsicht vertritt.

»Da es ausgesprochene Anhänger der analogen Platte und ausgeprägte Freunde der CD-Technik gibt, lag die Annahme nahe, daß auch weltanschauliche


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