- 36 -Wolff, Harry: Musikmarkt und Medien unter dem Aspekt des technologischen Wandels  
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entsprechenden Schallplatten, der CD-Klang sich häufig als »steriler, kälter, enger und auch lebloser erwies«.

»Der Sound, der aus dem Laser kommt, entbehrt jeder Spur einer musikalischen Aura, er hat jegliche ästhetische und damit menschliche Ausstrahlung verloren. (...) Und so paradox es klingen mag: der Eindruck eines CD-Fortissimoschlags von 60 dB (oder wieviel auch immer) verblaßt gegenüber einem akustisch ungleich schwächeren Dynamikakzent einer Analog-Platte« (Csampai 1983, 55).

Klaus-Ernst Behne und Johannes Barkowsky haben sich im Rahmen einer Studie zur hypothesengeleiteten Wahrnehmung mit analoger und digitaler Musikwiedergabe im unmittelbaren Vergleich beschäftigt, die in der beschriebenen, polemisch geführten Diskussion über das Für und Wider digitaler Technik ihren Ausgangspunkt fand.

»Die Tatsache, daß ›natürliche‹ Schwingungsverläufe bei der CD in eine Vielzahl von Daten in Nullen und Einsen zerlegt werden, die Musik gewissermaßen ›granuliert‹ wird, hat immer wieder skeptische Musikfreunde fürchten lassen, daß in diesem digitalen Laser Wichtiges verloren gehen könnte. Umgekehrt hat die ausgeklügelte Technologie der digitalen Kodierung die Überzeugung begründet, daß nur eine derart präzise Wiedergabeform anspruchsvolle Hörer befriedigen könne. Klischees dieser Art werden von Fachverkäufern, von Elektronikgeräteherstellern oder von Fachzeitschriften bemüht, denen zufolge digitale Klangwiedergabe von Präzision und analoge Klangwiedergabe von klanglicher Wärme gekennzeichnet ist. Wir haben deshalb einen Test durchgeführt, in dem die Hörer analoge und digitale Wiedergabe miteinander vergleichen sollten« (Behne/Barkowsky 1994, 1).

Beurteilt werden sollten ausnahmslos Aufnahmen, die vom gleichen Masterband im einen Fall auf CD, im anderen Fall auf LP übertragen worden waren. Um Wesen und musikalisches Potential des jeweiligen Systems besser verdeutlichen zu können, entschieden sich Behne/Barkowsky für ein analoges und ein digitales Abspielgerät der Eintausend-Mark-Klasse und der Zehntausend-Mark-Klasse, da bei billigen Geräten möglicherweise das niedrige Preisniveau genannte Klischees fördern würde. »Es wurde also nicht untersucht, ob das Preisniveau der Geräte hörbar ist, sondern ob beim direkten Vergleich analoger und digitaler Abspielgeräte der jeweils gleichen Preiskategorie Unterschiede nachweisbar sind« (ebd., 2).

Behne/Barkowsky zufolge wird die sensorische Wahrnehmung des Menschen bisweilen von Vor-Einstellungen geleitet. So wird das Bellen des eigenen Hundes manchmal anders beurteilt als das des Nachbarhundes, der subjektiven Wahrnehmung liegen dann nichtakustische Kriterien zu Grunde. In einem Experiment von Widmeyer und Loy (1988) sollten Studenten einen Gastprofessor beurteilen, wobei der einen Hälfte der Studierenden der Professor vor Beginn der Vorlesung als sehr freundlich und kompetent, der anderen Hälfte als kühl und fachfremd dargestellt wurde. Die Vorlesung wurde von den beiden Gruppen unterschiedlich beurteilt und zwar jeweils in Übereinstimmung mit den Vorinformationen. »In Analogie ist denkbar, daß die Musikrezeption von CD oder Schallplatte mit spezifischen Annahmen verknüpft ist« (ebd.). Bei einigen Hörern könnte beispielsweise der Gedanke, daß die digitale Kodierung und Dekodierung an die Präzision von Zahlen geknüpft ist,


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