- 19 -Wolff, Harry: Musikmarkt und Medien unter dem Aspekt des technologischen Wandels  
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Innerhalb der Musikpädagogik haben neuere und neueste Entwicklungen der Musiktechnologie die Diskussion ausgelöst, inwieweit oder ob elektronische Tasteninstrumente als Lernwerkzeuge der heutigen Musikerziehung eingesetzt werden sollten. Enders bezieht sich in seinem Aufsatz »Instrumentaltechnische, musik- und instrumentalpädagogische Aspekte des elektronischen Tasteninstruments« auf den Musikpädagogen Nägeli, der 1826 forderte »es müssen alle Klavier lernen« und dabei das Klavier eher als ein Mittel zum Zweck, zum musikalischen Lernen, zum Kennenlernen der Musikliteratur ansah. Der Autor sieht einige Gemeinsamkeiten hinsichtlich dieser Argumentation und jener der Befürworter des Musizierens mit elektronischen Tasteninstrumenten innerhalb des Musikunterrichts.

»Befürwortet wird heute das Keyboard primär als musikpraktisch vielseitig einsetzbares Arbeits- und Anschauungsmittel, als jedem Schüler zugängliches Lehr- und Lernmittel, vergleichbar mit anderen typischen Vermittlungsgegenständen, von der Tastaturschablone bis zur klingenden Notentafel (...) Wie bei Nägeli gilt das für den Unterricht ausgewählte Tasteninstrument als ein geeignetes Lernwerkzeug der heutigen Musikerziehung, eben als Instrument für das musikalische Lernen, für die Erweiterung der musikalischen Bildung und zum Kennenlernen der Literatur, zumindest im Klassenunterricht, wobei sich die Methodenbegeisterung der (Musik-)Pädagogen des 19. Jahrhunderts in jüngster Zeit neu zu entfachen scheint« (Enders 1994, 468f.).

Die positiven Einschätzungen bezüglich der Verwendung von Keyboards im Musikunterricht sind nach Enders dabei »eher als Reaktion auf die konkreten Bedingungen der alltäglichen Unterrichtssituation des klassengebundenen, dem auffälligen Schülerinteresse an musikpraktischer Betätigung vielfach zuwider laufenden Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen zu verstehen«, während die negativen Beurteilungen aus der Auffassung resultierten, »daß elektronische Instrumente aus künstlerischer und pädagogischer Sicht nicht als vollwertige Musikinstrumente gelten können« (ebd., 69). Vertreter der an der Kunstmusik orientierten Pädagogik begründen ihre negative Beurteilung zum einen mit spieltechnischen Mängeln der elektronischen Musikinstrumente wie den fehlenden Möglichkeiten direkter »Beeinflussung musikalisch bedeutsamer Interpretationsmerkmale« bei der Tongebung, der Klangmodulation, der körperlich-sinnhaften Rückkopplung beim Musizieren. Zum anderen spielen Enders zufolge auch musikästhetische Standpunkte eine Rolle, die er als fragwürdig ansieht, da seiner Auffassung nach die künstlerische Wirkung musikalischer Handlungen weitgehend vom musizierenden Individuum und nicht in erster Linie von der jeweils verwendeten Musiktechnik abhänge (vgl. ebd.).

Jerrentrup/Terhag hingegen sehen die Musikpädagogik unter dem Eindruck des musikkulturellen Umbruchs gewissermaßen im Zugzwang, sich dieser Thematik im Unterricht zu stellen. So sei aufgrund eines Anteils von 60–70 % bei den Pop-Produktionen, der auf der Anwendung dieser neuen (computerunterstützten) Technologie basiere, die alltägliche Hörerfahrung der Schüler schon eine musiktechnologische (vgl. Jerrentrup/Terhag 1987, 108). Auch würden jene Zuwachsraten von bis zu 25 % bei einer breiten Akzeptanz durch junge Musiker, die der Markt musiktechnologischer Instrumente im Vergleich zu ca. 2 % Umsatzsteigerung, welche der Handel mit mechanisch-akustischen Instrumenten erzielt, signalisieren, daß sich hier ein neues Musikreservoir ankündige. Das besondere Interesse vor allem der Kinder und Schüler, wenn sie an neuen technologischen Tasteninstrumenten bis hin


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