Die Anzahl der Noten in einer Sequenz wird ihre
Länge genannt.
Diese Motivdefinition ist noch zu allgemein, um die Eigenschaften von Motiven in der
Musiktheorie oder der musikalischen Wahrnehmung zu beschreiben. Es geht hier zunächst
nur um die Definition einer geeigneten Repräsentation. Diese Definition ist allgemeiner
als die in der Musikwissenschaft verbreitete Bedeutung. Ullsteins Musiklexikon definiert
Motiv als »eine Art Baustein, denn in dem Motiv lebt eine Kraft, die zur Erweiterung
drängt«.68
Riemann spricht vom thematischen Motiv als »kleinste Einheit von selbständiger
Ausdrucksbedeutung«
69
in der Rolle eines »größere Formen aus sich heraus erzeugenden
Keimes«
70 .
Da aber die Bestimmung der Bedeutung eines Motivs für die Struktur eines Stückes erst
das Ergebnis einer Analyse sein kann, sollen hier keine Einschränkungen gemacht
werden, deren Formulierung erst das Ergebnis einer hier zu entwickelnden Methode sein
kann. Mazzola spricht in diesem Zusammenhang von Prämotiven, faßt den Begriff aber
noch weiter, indem er auch Prämotive zuläßt, die aus nicht benachbarten Noten
bestehen.
Ein Motiv wird hier als die kleinste wahrnehmungsmäßige Zusammenfassung von Noten
angesehen, daher darf ein Motiv nicht aus Motiven zusammengesetzt sein. Diese Definition
entspricht etwa der von Riemann. Nach der Definition in seinem System der Rhythmik und
Metrik ist ein Motiv »der musikalische Inhalt einer unserer Auffassung bequemen mittleren
Zeiteinheit«.71
Es ist eines der Ziele dieser Arbeit, mögliche Kriterien dafür anzugeben, was eine
›unserer Auffassung bequeme‹ mittlere Zeiteinheit ist und wann eine Gruppe von Noten
als Motiv wahrgenommen wird. Dabei gibt es individuelle Unterschiede, so daß eine
eindeutige allgemeingültige Bestimmung von Motiven nicht zu leisten ist. Daher wird
versucht, Kriterien und Verfahren zu deren Berechnung zu entwickeln, die eine flexible
Modellierung ermöglichen.
Die Aufteilung einer Sequenz in Motive definiert eine Segmentierung:
Definition 2.5.2 Eine disjunkte Überdeckung Sg einer monophonen Sequenz S
durch Motive heißt Segmentierung.
In einer Segmentierung haben verschiedene Motive keine gemeinsamen Töne und jeder Ton
ist einem Motiv zugeordnet. Eine Segmentierung sg einer Sequenz S der