Gruppen gemeint, deren Anordnungen der Noten i.a. dieser Bedingung nicht genügen.
Eine echte Symmetrie der Noten auf der Zeitachse stellt nur der Krebsgang dar. Dieser wird
aber nur in bestimmten Musikstilen regelmäßig angewandt und ist zumindest als Kriterium
der wahrgenommenen Ähnlichkeit nicht geeignet, wie bereits die Studie von White gezeigt
hat.55
Die Aufteilung von Melodien oder Rhythmen in gleich große Teile wird bei Riemann und
anderen zur Grundlage des Systems melodischer Gliederung erhoben. Riemann versucht,
Metrum und Rhythmus zu verbinden, indem alle Gliederungen auf die Abfolge gleich großer
Teile, von denen der zweite betont und der erste unbetont ist, zurückgeführt werden.
Dieses Modell ist offenbar hochgradig normativ, und Riemann bemüht sich in seinem
System56
vor allem darum, die Abweichungen von dieser Norm zu erklären. Man kann diesen
Ansatz mit der Reduktion von Sätzen auf grammatische Strukturbeschreibungen
vergleichen. Es gibt hier wie dort die beiden Probleme, daß die grammatischen
Strukturen angemessen sein müssen und daß eine Grammatik unter Umständen nicht
alles an Strukturen erfaßt, was von Belang ist. Aus Sicht der computergestützten
Modellierung musikalischer Strukturerkennung ist von besonderem Interesse, wie man
die Einhaltung der Regeln und Abweichungen erkennt, wobei die Behandlung der
Abweichungen eine Bestimmung ihrer Art und Struktur durch eine Rückführung auf das
Modell einschließt. Es ist nicht nur wichtig, die Einhaltung von Regeln zu erkennen,
sondern auch bei deren Nichteinhaltung eine sinnvolle Interpretation vornehmen zu
können.
2.3.4. Motivische Struktur
Die Beziehungen von Motiven in der Musik werden durch verschiedene Faktoren
bestimmt. Neben der zeitlichen Anordnung ist die Ähnlichkeit das dominierende
Moment der Motivbeziehungen. Auf Ähnlichkeit beruhen die Prinzipien von
Wiederholung und Variation, die für westliche Musik bestimmend sind. So
fordert z.B. Kirnberger für Kompositionen die Verbindung von »Einheit und
Mannigfaltigkeit«, die er gerade durch die Wiederholung und Variation gegeben
sieht:
»Denn wodurch sollte die Einheit eines [...] Tonstückes erhalten werden können,
wenn kein Theil desselben in einer anderen Verbindung wiederholt oder in eine
andere Wendung gebracht würde?«57