werden
sollte und bis zu welchem Wert dies evtl. nicht geschehen darf. Die Frage ist
auch, was bei gleichen Abständen oder einander widersprechenden Prinzipien
geschieht.
Bereits Riemann weist auf die Mehrdeutigkeit des Notentextes hin und
fordert, die gewünschte Phrasierung in den Noten durch die von ihm
vorgeschlagenen Lesezeichen (Phrasierungszeichen) und Phrasenbögen klarer zu
dokumentieren.40
Die Kennzeichnung der Phrasierung in der Notation hat aber keine allgemeine
Verbreitung gefunden. Möglicherweise konnten sich Theorien und Vorschriften der
Phrasierung nicht durchsetzen, weil die Entscheidung über die Phrasierung durch den
Interpreten getroffen wird. In diesem Bereich künstlerischer Freiheit werden Theorien,
insbesondere wenn sie normativ formuliert sind, oft als Einschränkung empfunden. Es
besteht auch bei der Wahl einer passenden Phrasierung für den Interpreten nicht der
Erklärungsbedarf, wie bei harmonischen Phänomenen, wo eine Umsetzung der
Wahrnehmung oder Vorstellung in aktives Komponieren oder Musizieren ungleich
schwieriger ist.
Riemann beschreibt ebenso wie Hauptmann Zweiergruppen als den Ursprung
rhythmischer Formen. Riemann geht von einer Dominanz des Musters leicht–schwer aus
und definiert so den Auftakt als Norm. Hauptmann spricht von metrisch positiven und
metrisch negativen Bildungen, je nachdem ob die erste Note betont oder unbetont ist.
Die Ausschließlichkeit, mit der Hauptmann die Rückführung auf Zweiergruppen auch bei
Gruppen von drei Noten vornimmt, kritisiert Riemann und geht pragmatischer vor,
indem er verschiedene Motivtypen als elementar zuläßt, auch solche mit drei Noten.
Dabei stellt sich allerdings die Frage, was vor diesem Hintergrund die Aussage
bedeutet, daß die Zweiergruppe den Ursprung rhythmischer Motive darstelle. Die
Rückführung auf Zweiergruppen ist vermutlich eher aus dem Wunsch entstanden, ein
geschlossenes begriffliches System zu entwerfen, als aus musikalischer Intuition oder
Praxis.
Die griechische Versmetrik bot bereits ein System der Klassifikation von Motiven, das
von einigen Musiktheoretikern aufgegriffen wurde. Während Hauptmann und Westphal
das griechische System der Versfüße und die Terminologie übernommen hatten, lehnte
Riemann dies ab. In Musikalische Dynamik und Agogik begründete er dies
damit, daß die Sprache kein ununterbrochenes Fortklingen wie in der Musik
kenne.41
In
System der Rhythmik und Metrik stellte er sich auf den Standpunkt, die Musik sei ein
allgemeinerer Fall, da sie beliebige Unterteilungen der Schläge kenne, die es in der Sprache nicht
gebe.
42
Ob und in welcher Form sich die griechische Versmetrik auf Musik übertragen ließe, blieb
ein Streitpunkt und ist eng mit der Frage der Sprachähnlichkeit von Musik
verknüpft.
Theodor Wiehmayer erhält in Musikalische Rhythmik und Metrik die Einheit poetischer
und musikalischer Metrik aufrecht, indem er das Konzept des deklamatorischen Akzents
einführt.43
Damit soll das Problem der möglichen Abweichung der metrischen von
der motivischen Betonung durch die Definition verschiedener