unterschieden, und es wird
ein Punkt für Veränderung und ein Punkt für Vergrößerung gewertet. Dadurch erhalten
alle Intervalle für alle Parameter eine Bewertung ihrer trennenden Wirkung, wobei die
genaue Bedeutung dieser Werte nicht näher definiert wird. Die Bewertungen für die
verschiedenen Parameter sollen mit Gewichtungen versehen oder von Hand bewertet
werden. Es wird nicht näher erläutert, wie die Gewichtungen ermittelt werden
sollen.
Diese Theorie ist offenbar als zusätzliches Hilfsmittel für die Musikanalyse durch
den Experten gedacht. Es stellt sich allerdings die Frage, ob ein Musiker oder
Musikwissenschaftler dabei überhaupt Hilfestellung benötigt. Auch ist die Einbettung in
eine Theorie größerer, nichtlokaler Zusammenhänge nicht gegeben. Fragen der
Skalierbarkeit oder gar Interaktion von Parametern werden nicht geklärt. Es ist also
nötig, diese Theorie um wesentliche Punkte zu ergänzen, damit sie in interaktiven
Systemen für Anwender eingesetzt werden kann.
6.2.3. Todds Auditory Primal Sketch
Einen Ansatz auditiver Gruppierung durch ein bottom-up Modell auf physiologischer Basis liefert
Neil Todd.14
Durch die Modellierung von Filter-Eigenschaften der auditiven Wahrnehmung gelingt es
ihm, Spuren von Ereignissen im Gedächtnis zu visualisieren, die an Bäume erinnern,
ähnlich denen wie sie z.B. Lerdahl und Jackendoff verwenden.
Todd geht davon aus, daß die strukturelle Repräsentation einer Sequenz
durch das Zusammenwirken eines auditiven Bildes (auditory image), eines
sensomotorischen Bildes und von Wissen, das musik- und stilspezifisch sein kann,
entsteht.15
Das auditive Bild, das eine Spur der Ereignisse im sensorischen Gedächtnis darstellt,
entsteht durch die Übertragung und Verarbeitung von Signalen durch die Cochlea über
die Hörbahn bis in den auditiven Cortex. Die Umwandlung von Schallenergie in
neuronale Signale und deren Weiterleitung haben einige charakteristische Eigenschaften,
die die Gestalt dieses auditiven Bildes bestimmen. Es sind insbesondere die Attack-, die
Decay-, die Erholungszeit und spontane Erregung der Härchenzellen sowie die
kurzen und langen neuronalen Speicher. Todds Modell erkennt Ereignisanfänge
(onset-detection) und zeigt bereits die Eigenschaften von zeitlicher Integration und
Verdeckungseffekten.
16
Die Erregungszustände als Ergebnis des Hörens einer Sequenz in einer neuronalen
Zeit-Frequenz-Karte können in einer 2-dimensionalen Grafik, einem Rhythmogramm,
dargestellt werden. Diese Grafik zeigt tatsächlich Spuren der Ereignisse, die Bäumen ähnlich
sehen, was Todd als Zeichen einer hierarchischen Gliederung ansieht. Man kann in den von
Todd gezeigten Beispielen teilweise eine Gruppierung und metrische Einordnung deutlich
erkennen.17
Die Interpretation des Rhythmogramms ist bisher ein Vorgang, der von Menschen
vorgenommen wird. Es ist nicht klar, wie eine Automatisierung erfolgen könnte.