- 84 -Volkwein, Barbara: What´s Techno 
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deutet Wilson die Vielfalt der Interpretationsmöglichkeiten von Improvisation an. Er fasst Musikermeinungen zusammen, die Improvisation als »flüchtige Kunst oder Vielfalt«47

47 Die im Folgenden in Anführungszeichen gesetzten Äußerungen zur Deutung von Improvisation befinden sich bei Wilson: Hear and Now. S.17ff.
, als »Haltung zum Klang, zum Musikmachen«, als »Moment des Unkomponierbaren« etc. begreifen. Ferner schafft ihnen zufolge Improvisation »neue unverwechselbare Techniken« und erfindet ein »individuelles Instrumentarium«. Nicht zuletzt initiiere die Improvisation »neues Hören, das durch ein neu stilisiertes Sehen« bedingt sei ( – als Beispiel ist hier »die Stille als Untergrund alles Klingenden« benannt). Der Vorgang des Improvisierens lässt sich bei Techno besser mit experimentellem Denken und Handeln beschreiben. In dieser Hinsicht vielleicht am einfachsten vorstellbar ist die Veränderung eines schlichten Sinustones, der über verschiedene Filter geschickt, also durch den Akt des Drehens an verschiedenen Knöpfen am Ende zum Beispiel als Rauschen wahrnehmbar ist. Wie auch bei anderen Musikrichtungen gibt es bei Techno eine Phase der Inspiration, eine zündende Idee, die Musiker durch Ausprobieren mit dem für elektronische Clubmusik nötigen Instrumentarium unmittelbar in reale Klänge verwandeln. Weil die meisten Musiker ihr Equipment genauestens kennen, ergibt sich für sie ein weit reichendes Feld immer neuer Experimentiermöglichkeiten, die gerade bei Techno zu neuen Klangdimensionen führen. Durch die sofortige Speicherkapazität mittels Computer oder Sampler haben die Musiker die Wahl, die gefundenen Sounds entweder sofort oder in einem späteren Arbeitsgang zu bearbeiten.

Wie bei den einzelnen Techno-Produzenten die Ideen entstehen, ist sehr unterschiedlich. Manche versuchen ihr Bewusstsein auszuschalten, manche organisieren zielgerichtet ihren kreativen Prozess, obschon spätestens beim Herumexperimentieren mit Klängen das Bewusstsein sehr stark in den Hintergrund treten kann. Aphex Twin beobachtet die Entstehung seiner Ideen und kommentiert daraus die Konsequenz für seine Vorgehensweise im Produktionsprozess:

»Ich erwachte und wusste, dass ich einen sehr guten Track geträumt hatte, konnte mich aber an nichts Konkretes erinnern. Daran arbeitete ich ein halbes Jahr. Nun kann ich in neun von zehn Fällen erwachen, die Stücke sofort nachspielen und aufnehmen. Deshalb nicke ich häufig gleich im Studio ein und fixiere beim Einschlafen Pult, Regler Sampler und Echogerät. Am leichtesten erinnere ich mich an die Melodien. Die genauen Sounds sind schon schwieriger herauszufinden, und ganz vertrackt sind Schlagzeug und Percussion. Deshalb tendieren meine Traumstücke dazu, eher weich zu sein. Was fehlt, ergänze ich wach, so gut es geht.«48

48 Twin, Aphex zitiert in Kuhn. A.a.O., S. 24.

Wie die Ideen der Tonkünstler letztlich entstehen, ist nur in Ansätzen zu erkennen. Doch wird deutlich, dass das Unbewusste im Entstehungsprozess von Techno ein entscheidendes Moment ist – es ist wesentlich am Entdecken subjektiv neuer Elemente durch die Musiker beteiligt. In einem Gespräch mit der Autorin kommentierte ein Techno-Macher diese Vorgehensweise: »unbewusst die Software-Operationen ausüben, die ruhig unbewusst bleiben dürfen, bis es uns gefällt.« Bruhn und Rösing sehen in den »Aussagen von Komponisten zum musikalischen Schaffensprozess


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