von Technotracks nach sich ziehen. Die Musik richtet sich zwar
einerseits an alle und jeden, andererseits ist sie gleichzeitig durch den Akt der
Selbstverwirklichung, d.h. durch den Spaß, den die Klangkünstler selbst an ihrer Musik
haben, für niemanden, außer für sie selbst, bestimmt. Nur wenige der gegenwärtigen
Menge von Technoproduzenten beherrschen die Kunst, einfache, von vielen
Menschen erkennbare Strukturen und Sounds mit außergewöhnlichen Klängen zu
kombinieren. Sogar eine Pause kann bahnbrechend sein, wenn sie klug gesetzt
ist.
Die wegen des technischen Produktionsprozesses und der übersichtlich strukturierten
klanglich-formalen Anlage bei Techno ursprünglich entstandene Annahme, dass sich im
Entstehungsprozess rationale, organisierte und intuitive, inspirierte Vorgehensweisen der
Musiker klarer voneinander trennen lassen, scheint nach genauerer Prüfung der von
Technomachern geäußerten Klang- und Ausarbeitungsvorstellungen nicht haltbar.
Grundsätzlich wird deutlich, dass viele Technotracks schon vor Entstehung der ersten
Klangidee von verschiedenen funktionalen Faktoren festgelegt sein können. Die
organisierte Vorgehensweise, die bestimmt ist durch die Sparte und durch die Wirkung
auf die jeweiligen Adressaten, stellt einen von vornherein feststehenden Rahmen der
Musiker dar, jedoch steht demgegenüber in der Umsetzung ihrer klanglichen
Vorstellungen intuitives Handeln im Vordergrund.
5.3. Intuitive Klangvorstellungen – experimentelles Hantieren mit Klängen und
Strukturen
»Hinter musikalischen Prozessen steht oft eine Art ›Trial &
Error-Einstellung‹ im Umgang mit den Möglichkeiten der Software und den
Maschinen,«45
45 Budde. Elektronische Tanz- und Unterhaltungsmusik. Ebd.
|
beschreibt Budde eine der Vorgehensweisen von Musikern in der Produktionsweise
elektronischer Unterhaltungsmusik.
Ausgangsposition für die Entstehung von Technotracks ist zunächst die Vorstellung
der Musiker von gutem Sound. Damit können verschiedene (musikalische) Faktoren wie
groovige Drumloops, ausgefallene Klänge, ungewohnte Effekte, besondere Emphasen in
den Tracks, auch Lautstärke und Klangintensität oder -volumen gemeint sein. Diese
Tatsache konkret vorhandener Basisideen täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass die
Musiker die meisten Sounds durch Ausprobieren (er)finden. Sie improvisieren einerseits
frei aus Lust am Klangbasteln (Improvisation), andererseits jedoch immer zielgerichtet,
weil sie sich immer unter dem ›ungeschriebenen Gesetz ihrer Musik‹ bewegen
(Experiment).
Dass bei Techno viel Technik im Spiel ist, steht dem kreativen Handeln der
Musiker nicht zwangsläufig entgegen, macht es möglicherweise etwas schwerer
nachvollziehbar, den Begriff der »Improvisation« im Zusammenhang mit Techno zu
begreifen:
»Wer sich jedoch in der improvisierten Musik von heute umhört, der wird eine solche
Polyphonie von Ansätzen, Haltungen und Intentionen erleben, dass man kaum von einer
improvisierten Musik im Singular sprechen mag. Improvisierte Musik ist keine monochrome
Fläche, sondern ein buntes Patchwork, in dem freilich einige Muster des öfteren
wiederkehren,«46
46 Wilson, Peter Niklas: Hear and Now. Gedanken zur improvisierten Musik. Hofheim:
Wolke 1999. S. 7.
|
|