Dabei
spielen mannigfaltige Erfahrungen der Klangkünstler eine große Rolle. Da ist
einerseits die Wirkung der Klänge auf den Körper, die Musiker selbst empfinden.
Andererseits gibt es das Versuchsfeld Dancefloor, auf dem Musiker und DJs
zuweilen neueste Tracks antesten können und entsprechend ihrer Wirkung auf das
Publikum bzw. der Reaktion der Tanzenden im Nachhinein bearbeiten und
modifizieren. Ferner kommt hinzu, dass die akustische Atmosphäre eines Clubs
natürlich eine andere ist als die im Studio und erst dort für Techno-Macher
erfahrbar wird, ob sich nun beispielsweise Bass oder Beat den Tanzenden in den
Rücken drückt, also groovt oder nicht. Auch die Lautstärke ist in Hinblick
auf Wirkung und Rezeption von Techno nicht unerheblich. In keinem anderen
Bereich der westlichen Unterhaltungsmusik nimmt das direkte Einbeziehen
der Wirkung auf die Rezipienten solch einen großen und klaren Stellenwert
wie bei Techno ein. (Ausgenommen sind natürlich Live-Konzerte, bei denen
zwischen Interpreten und Rezipienten immer ein direkter Austausch besteht.)
Das Gefühl der Musiker für die richtige Wirkung der Tracks und das Gefühl,
das Technotracks bei Rezipienten auslösen, ist entscheidend und bedingt sich
gegenseitig. Es ist ein bestimmender Faktor im Entstehen und Umsetzen von
Klangvorstellungen.
Dass Techno neben allen Vorurteilen als eine zunächst einfach gestrickte Musik
klanglich sehr ausgeklügelt erscheint, veranlasst jedoch nicht zur Annahme, dass es sich
um ein von Musikern rational völlig geplantes sowie wissentlich auf Funktion
und bewusste Wirkung angelegtes musikalisches Konstrukt handelt. Dies zu
erwähnen ist sinnvoll sowohl wegen der Komplexität der Aufgabe, die sich im
Produktionsprozess verbirgt, als auch vor dem Hintergrund musikalischer Kriterien wie
der Verwendung von Sounds in kaum direkt hörbaren, jedoch fühlbaren Frequenz- und
Schwingungsbereichen. Technomacher müssten demgemäß erstklassig ausgebildete
Psychologen und Akustiker sein. Kaum ein Musiker wird jedoch in der Umsetzung seiner
Klangvorstellungen seine Soundmaschinen an Frequenzmessgeräte und dergleichen
anschließen, um bewusst Klänge zu produzieren, die Bauchdecke oder Innenohr zum
Vibrieren bringen. Solche Inhalte werden jedoch eher intuitiv zu vermitteln
versucht.
Nach Erfahrungsberichten34
34 Sie tragen informellen Charakter, erheben damit keinen Anspruch auf repräsentative
Vollständigkeit.
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von Techno-Teilnehmern verwenden Musiker bei Techno im
Hörbereich35
35 Die Empfindlichkeit des Gehörs ist frequenzabhängig und für den Bereich zwischen ca.
500 und 5000 Hz am Größten. Besonders stark ist der Lautstärkeeindruck der
Empfindlichkeit bei 2–3 KHz. Vgl. hierzu Hall, Donald E.: Musikalische Akustik. Ein
Handbuch. Schott. Mainz, 1997; Enders: Lexikon der Musikelektronik. Ebd;
Ziegenrücker/Wicke. A.a.O.
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kaum mehr oder anders wahrnehmbare Klänge als in anderer elektronischer Musik:
Ihnen zufolge empfindet der Körper Basslastiges hauptsächlich durch den Bauch oder
andere Organe, zudem können Vibrationen unter den Fußsohlen auftreten,
während sie hochfrequente Klänge eher als im Kopfbereich, d.h. als im Innenohr
wahrgenommene Schwingung beschreiben. Wie bereits im vierten Kapitel dieses
Buches erwähnt, existieren jedoch keine systematischen Untersuchungen am
Menschen, die Größenangaben zu mechanischen Schwingungen an Organen bzw.
Körperschall auslösende Frequenzen mit entsprechenden Luftschall-Intensitäten
machen. Bei der körperlichen Wahrnehmung von Techno
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