- 79 -Volkwein, Barbara: What´s Techno 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (78)Nächste Seite (80) Letzte Seite (209)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

»Acid Trax«-Produktion von Phuture, die der Chicagoer House-DJ Ron Hardy erst als Kassettenversion dem Publikum präsentierte, bevor die Produzenten sie als Maxischallplatte auf den Markt brachten (siehe Acid-House-Kapitel).

»Die Wirkung von Clubmusik wird oft anhand von Dubplates getestet. Ein Dubplate ist eine schwere, kühle und angenehm duftende Schallplatte aus einer Lacklegierung, von der in den Masterstudios ein Einzelexemplar hergestellt wird, das bis zu vierzigmal abgespielt werden kannn. Besonders beliebt sind Dubplates mit reinen Rhythmustracks bei DJs, die ihre Sets auf diese Weise mit eigenen Produkten unterlegen und für gezielte (. . . ) Mixvorgänge schaffen. Wenn ein Dubplate gut beim tanzenden Publikum ankommt, dann ist der Verkauf der späteren Auflage so gut wie gesichert.«31

31 Budde: Elektronische Tanz- und Unterhaltungsmusik. A.a.O., S. 67.

Deutlich wird zudem, dass es nicht nur ›die eine Tanzbarkeit‹ von Techno gibt, sondern dass sich der funktionale Rahmen an sehr unterschiedlichen Adressaten- bzw. Zielgruppen orientiert. Wie auch aus der Beschreibung musikalischer Charakteristika und der Entstehung wesentlicher Subkategorien von Techno hervor geht, richtet sich der musikalische Ausdruck von Techno nach den Bedürfnissen verschiedener Szenen: Ambient ist z.B. für das Chill-Out, also zum Ausruhen, gedacht, kann somit unabhängig vom Faktor der Tanzbarkeit betrachtet werden. Die Zielgruppe ist sehr heterogen, lässt sich jedoch unter der Sichtweise des Bedürfnisses nach Entspannung und Ruhe gut zusammenfassen. Entscheidend bei der Produktion sind hier langsame, ruhige, d.h. beruhigende Klänge. Einen krassen Gegensatz dazu bildet sicher Gabber / Hardcore, einst musikalischer Ausdruck ›verfeindeter Klassen‹: In den sozialen Grabenkämpfen zwischen Fans zweier holländischer Fussballmannschaften liegen die Wurzeln dieser Musikrichtung, deren Funktion es ist, immer schneller und härter als alles andere zu sein, also Präsenz und Stärke zu demonstrieren. Dies drücken Gabber- bzw. Hardcore-Produzenten in superschnellen Tempi, harten Samples und Beats sowie ›dreckigen‹ (extrem verzerrten oder verfremdeten) Sounds aus.32

32 In vielen Kulturen werden soziale Konflikte in musikalischen Wettkämpfen ausgetragen: Streitende Eskimos sangen gegeneinander Spottlieder oder Afroamerikaner rappen in verfeindeten HipHop-Gangs gegeneinander und provozieren sich gegenseitig mit schlimmsten Schimpfworten: die Zuschauer entschieden, wer besser musikalisch argumentiert. Vgl. Heister. In: Bruhn / Rösing: Musikwissenschaft. A.a.O., S. 213.
House, die eindeutig älteste aller Techno-Richtungen, beruht auf dem Modell des Discosounds, der traditionelle afroamerikanische Funk-Elemente33
33 »Charakteristisches Kennzeichen blieben die flexiblen Basslinien, der federnde Beat und das rhythmische Ineinanderschachteln kurzer melodischer Floskeln«. Wicke / Ziegenrücker. A.a.O., S. 189.
und den treibenden 4/4- Beat des Philly-Sound miteinander vereint. House-Macher intendieren mit ihrer Musik körperlichen Selbstausdruck im hemmungslosen Tanzvergnügen. Die Voraussetzung dafür schaffen die Tonkünstler, indem sie den typischen Disco-Sound potenzieren, d.h. einerseits dem pulsierenden Beat eine noch größere Präsenz durch Schlagzeug und Bass verleihen, andererseits Samples erotischer und zugleich melodiöser Frauenstimmen sowie ein klares harmonisierendes Piano hinzufügen.

Die Funktionalität vieler Technotracks ist determiniert durch die Fühlbarkeit von Klängen, die Musiker aus ihrem Wissen für Wirkung heraus entstehen lassen.


Erste Seite (i) Vorherige Seite (78)Nächste Seite (80) Letzte Seite (209)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 79 -Volkwein, Barbara: What´s Techno