als bislang gewohnter Sozialisierungsstrategien bedient: gemeint ist die offensichtlich neue
Form der Vergemeinschaftung all jener Jugendlicher, die nicht mehr das sonst übliche
Angebot von Vereinen annehmen. Sie kommen freiwillig zusammen, um aus ästhetisch
und weniger gemeinnützig motiviertem Attraktivismus an der kulturellen Praxis von
Techno durch zumeist kommerzielle Erlebnisangebote teilzunehmen. Klein sieht in der
ästhetischen Praxis von Techno zum einen den Wandel des Begriffs des Politischen und
zum anderen eine umfassende Veränderung der Kommunikationsformen, in denen
Jugendliche der Körperlichkeit eine wesentliche (größere) Rolle beimessen. Zudem
erwägen Meyer und daneben auch Laarmann die technologischen Neuerungen als
bedeutend für eine neue Jugendkultur. Sie sollen aus diversen Gründen die musikalische
Produktion und die ästhetische Artikulation demokratisiert haben: Durch die im
Verhältnis zu anderer Unterhaltungsmusik ›preisgünstigen‹ Produktions- und
Veröffentlichungsmethoden (im Speziellen durch das Internet) können mehr
Leute Techno-Tracks produzieren. Es kommt zu einem größeren Auswurf an
Neuerscheinungen und somit zu einer Steigerung der kollektiven Rezeption.
Diesen von einigen Autoren fokussierten Demokratisierungsprozess innerhalb der
bzw. durch die Techno-Kultur kritisiert Weber aufgrund der für viele immer
noch unerschwinglichen Kosten und der steten Vereinnahmung der vermeintlich
nach dem ›black-owned-Prinzip‹ verfahrenden ›techno-owned-Culture‹ durch
kommerzialisierte Interessengemeinschaften (für sie sind dies Sponsoren oder
Love-Parade-Veranstalter etc.). Vor diesem Hintergrund kann ohne weiteres der
Anschein einer politiklosen, unsozialen Jugendgeneration aufkeimen, wie es besonders zu
Beginn der Neunziger Jahre aus den Mündern vieler Kritiker zu vernehmen
war.
Dies und die zuweilen skeptischen Betrachtungsweisen einer ›zu simplen‹ Musik mögen vielleicht die Ursache für etliche Interviews gewesen sein, in denen Techno-Musiker zur Bedeutung von Techno Position bezogen. Für sie verbarg sich hinter dieser Form einer offensichtlich neu scheinenden Musik die Möglichkeit, durch Techno das Bewusstsein vieler Menschen für gesellschaftliche und humane Prozesse zu öffnen. Als musikalischer Trendsetter und sogenannte Future-Music soll Techno Irritation ausüben, das Vergangene und Gewohnte überschreiten, jedoch nicht verneinen, verlautbaren Techno-Macher Derrick May und Juan Atkins. Letzterer, bekannt als Techno-Gründer, legt seiner Musik das theoretische Tofflersche Konzept ›einer Zukunft unter dem Aspekt der Vermenschlichung der Technik‹ zugrunde. So wie die Begründer von Techno-Musik beabsichtigt auch Carl Craig, durch Techno Menschen mitzureißen und einer menschlichen Entfremdung entgegenzuwirken: Techno soll Menschen für und durch Musik resensibilisieren, ist ein Wunsch, den zahlreiche Musiker in Interviews ausdrücken. Damit einher geht die Intention einiger Techno-Macher, mit Musik immer schneller werdende sowie kaum zu verkraftende gesellschaftliche Prozesse zu dokumentieren, auf sie musikalisch aufmerksam zu machen und sie letztendlich zu überwinden: Der technisierten Welt Gefühle entgegensetzen will u.a. Marshall Jefferson. Auch ›neuere‹ Formationen wie Autechre zeigen sich dieser Idee nicht verschlossen. Da die meisten Techno-Macher der ersten Stunde afro-amerikanischer Herkunft sind und heute immer noch in Amerika als Minderheit angesehen sind, ist der Wunsch des Techno-House-Musikers Kevin Saunderson nach größerem gesellschaftlichen Einfluss durch den musikalischen Erfolg nachvollziehbar. |