das Negieren sozial
engagierter Verbände respektive politisch aktiver Vereine jedoch nicht gleichbedeutend
mit Politiklosigkeit. Bei der Politisierung innerhalb der Techno-Bewegung handelt es sich
ihm zufolge nicht wie üblich um eine gegenkulturelle Gesellschaftsumformung, sondern
um die Möglichkeit der Aufhebung der sozialen Beschränkungen individueller
Autonomie. Im zunehmenden Individualisierungsprozess liest er den Wunsch der
Jugendlichen nach Austritt aus der Alltäglichkeit sowie nach der Möglichkeit der
»Wahlfreiheit« des Einzelnen: Das Individuum will sich gesellschaftlich nicht mehr
eingeschränkt sehen und sieht deshalb keinen weiteren Sinn mehr darin, sich in
traditionellen Gemeinschaften mit konventionellem Regelwerk zu organisieren. Zwar
handelt es sich bei der Zusammenkunft der Clubber und Raver auch um eine
Vergemeinschaftung junger Menschen – ihre Form jedoch scheint charakterisiert durch
Distinktion von traditionellen Freizeitgepflogenheiten. Dies ist für Meyer der Grund,
weshalb es gerade in der Techno-Szene, die sich über innovativste Technologien
auszudrücken vermag, zu nonverbalen Demonstrationen der Nicht-Alltäglichkeit kommt
wie zum Beispiel der Überschreitung der Sperrstunden, den Mega-Raves an
ungewöhnlichen Orten, des Zur-Schau-Stellens außergewöhnlicher Mode, über
die Distinktion durch körperliche Randerfahrungen und nicht zuletzt über die
Produktion fremdartiger Klänge. In der Sinnfindung durch die bei Techno körperlich
intensive Tanzerfahrung sowie der gesangslosen Musik als einer Entlarvung der
allgemeine und nichtssagende Bekenntnisparolen ausrufenden Elterngeneration sieht
Klein eine neue ästhetische Kulturpraxis. In ihr »kommt nicht nur ein Wandel
des Begriffs des Politischen zum Ausdruck, sie erscheint auch als kulturelles
Feld, in dem sich eine umfassendere Veränderung der Kommunikationsformen
abzeichnet, die dem Körperlichen und Sinnenhaften größere Bedeutung
beimißt.«123
123 Klein. Electronic vibration. S. 76.
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4.5.3. Kommerzialität, Demokratisierung, Verlust der Authentizität?
Meyer fasst das Bild der Vermittlung über die Bedeutung technologischer Erneuerungen
auf die Entwicklung von Jugendkulturen als »Konsum von kulturindustriellen Angeboten
und dessen soziokulturelle Auswirkungen« zusammen. Seine Erforschungen der
Techno-Szene ergaben, dass in den meisten Fällen Rezeption und Produktion parallel
vorlagen. Als Ursache dieses Effektes nennt er die zunehmend kostengünstiger werdenden
Möglichkeiten und die damit einher gehenden spezifischen Aneignungen digitaler
Technologien für die Produktion veröffentlichungsfähiger Tracks. Dieser Umstand
bezieht sich jedoch nicht nur, wie Meyer es beschreibt, allein auf den DJ als
Produzenten, sondern umfasst den weit größeren Rahmen der Techno-Macher, die
meistens über ihr ausgeprägtes Interesse als Fan an die Produktion von Techno
geraten. Der Umgang mit dem Computer gehört in diesem Zusammenhang zur
Alltagsordnung. »In dieser Perspektive wird sowohl der Zugang zu dieser Form der
musikalischen Produktion also auch zum potentiellen Publikum demokratisiert und
ermöglicht einer Vielzahl von Akteuren die ästhetische Artikulation im Medium der
Techno-Musik«.124
124 Meyer. A.a.O., S.154.
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Zudem ergibt sich dem Verfasser zufolge
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