- 41 -Volkwein, Barbara: What´s Techno 
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so haben sich bei elektronischer Unterhaltungsmusik allenthalben die Gesetzmäßigkeiten der Produktionsweisen von Tonmaterial verändert. Der Ausdruck von Innerlichkeit sowie die Reflektion äußeren Geschehens bleiben auch bei Techno erhalten.

Im Gegensatz zu vielen anderen Verfassern zeigt sich Szepanski nicht als Techno-Zweifler und postuliert nicht mit dem Aufwerfen der Frage nach Techno als Musik den Untergang der abendländischen Unterhaltungsmusik.

Zuweilen haben Musikexperten hinsichtlich der Klänge und Produktionsweise Schwierigkeiten in der Einschätzung von Techno als musikalischem Phänomen. Ein äußerst vernichtendes Urteil fällt in einer Befragung von Jürgen Terhag26

26 Terhag, Jürgen: Populäre Musik und Pädagogik. A.a.O., S. 217.
der zweiunddreißigjährige Musik-Pädagoge Lothar, für den Techno »erbarmungsloser Plastiksynthie-Sound«27
27 Ebd.
ist. Immerhin sieht er eine Besonderheit im gestalterischen Grundprinzip der Repetition und in der Verwendung elektronischer Geräte: »Da wird die Auseinandersetzung mit elektronischen Geräten als einer Weiterentwicklung von akustischen Instrumenten durch Plattenspieler und Disco-Peripherie ersetzt, es gibt nur die ewige Wiederholung von quälenden Kurzpattern«.28
28 Ebd.
Im weiteren Verlauf thematisiert der Lehrer den Sound und weist auf den fehlenden Gesang, den Text bzw. dessen Ersatz durch Vokalsamples hin.

»Viele Sounds erinnern mich an Signale von Haushaltsgeräten. Monotone Schleifen werden durch nichtssagende Sprachsamples ergänzt, oft der einzige thematische Bezug zum Titel der unsanften Reizüberflutung, die sich beständig in ihrer Einfalt zu überbieten versucht«.29

29 Ebd.

Auf die Frage des Interviewers, was Techno sei, antwortet er: »Techno ist eine Jedermanns-Sache bei minimaler handwerklicher Kenntnis, eine Kapitulation vor der Umweltentfremdung; als Kunstform ist Techno unbedeutend«.30

30 Ebd.

Das Nicht-Schöne kann, von einer anderen Perspektive aus betrachtet, gerade den Reiz an technologischer Unterhaltungsmusik ausmachen. So setzt Michael Lingner31

31 Lingner, Michael. Wie es euch gefällt. . . Jenseits von High und Low Culture (. . . ) In: Bahr, Xenia / Roßdeutscher, Oliver (Hrsg.): no Rites. A.a.O., S.14ff.
das Nicht-Schöne in der Techno-Musik als Akzent der Steigerung des Schönen: Elektronische Medien zielen immer häufiger auf das Anästhetische32
32 Lingner erwähnt in diesem Zusammenhang die von Wolfgang Welsch beschriebene Ambivalenz zwischen Ästhetik und Anästhetik (Vgl. Welsch in: Ästhetisches Denken, Stuttgart 1992). Mit Anästhetik meint Lingner die Aufhebung der Empfindungsunfähigkeit als Elementarbedingung des Ästhetischen – im Sinne einer Unmöglichkeit von Sensibilität.
und stimulieren es um so extremer – dadurch werden die zuvor latenten Eigenschaften der Berauschung und der Betäubung voll ausgebildet.

Die Bedeutung des Sounds für Techno liegt gemäß Lingner in der Anverwandlung zum Anästhetischen: der Sound betont das Fremdartige als den Faktor, der einen wilden, gelösten Genuss von Techno garantiert. Die Fremdheit des Klangbildes ist der Kern ungehemmten Techno-Konsums.

»So kann nach einer Techno-Nacht das Rauschen des morgendlichen Straßenverkehrs tatsächlich als Entspannung genossen werden. Das Anästhetische umfasst den


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