4.2. Ist Techno überhaupt Musik? Die ästhetische Bewertung von Techno als
Musik-Konzept
Ȇberall dort, wo frequenzmodulierte Klangfolgen dominieren,
nämlich im Pazifik, in Südostasien, China, der Mongolei,
bei Indianerkulturen und auch in Afrika, steht die Musik
dem gewöhnlichen, umweltbezogenen Hören näher als dem
abstrakteren sprachlichen Hören«.24
24 Brandl, Rudolf Maria / Rösing, Helmut. Musikkulturen im Vergleich. A.a.O., S.
66.
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R.M. Brandl & H. Rösing
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Wenn sich auch das vorangegangene Zitat auf außereuropäische Musik bezieht, so liegt
ein Vergleich zu Techno doch nahe. Frequenzmodulationen, repetitive, bassorientierte
Rhythmen und maschinenhaft anmutende Klänge gehören zu den Grundeigenschaften
von Techno. Als Abbild einer technisierten Umgebung in einer zunehmend
industrialisierten Welt schafft Techno von der Produktions- sowie Rezeptionsseite her
klangliche Bezüge zur Umwelt.
Publikationen fokussieren nicht nur die musikalischen Eigenheiten von Techno,
sondern zeigen eindeutig Interesse, das ›Fremdartige‹ darin aufzudecken, um
dieses als musikalisches Phänomen verstehen zu können und verstehbar zu
machen.
Interessant ist, dass die gleichen, dem Ohr fremdartigen Klänge einerseits
zwar wahrgenommen werden, andererseits jedoch zu zwei völlig divergierenden
Schlussfolgerungen führen: für die Einen stellen insbesondere die fremden Klänge das
Musikalische an Techno dar bzw. sie charakterisieren Techno-Musik als abgrenzbares
musikalisches Phänomen – Andere wiederum beurteilen gerade die ungewöhnlichen
Klänge von Techno als Nicht-Musik bzw. interpretieren Techno-Musik als unbedeutende,
primitive musikalische Erscheinung.
Derartige Wertungen beziehen sich nicht nur auf die befremdlich wirkenden
Klangeigenschaften, sondern verweisen auf die vermeintlich simple Produktionsweise, mit
der jeder ohne große Ideen oder handwerkliche Fähigkeiten einen Technotrack
produzieren kann.
Achim Szepanski kommt aufgrund der musikalischen Struktur und der
Produktionsbedingungen zu einer Frage, die immer wieder gern gestellt wird: Muss man
mit Techno nicht den Begriff der Musik neu definieren?
»Technotracks werden über sogenannte Mixing-Verfahren hergestellt: Bestimmte
Synthesizer und deren Sounds werden über Sequencer synchronisiert, die Midileitung
überträgt alle Parameter zwischen Synthesizer und Computer. Letztlich werden am
Mischpult Sounds übereinandergeschichtet, Spuren gelöscht oder hinzugefügt etc. Oft
scheint dann die Dramaturgie eines Tracks auf, die als gewollte auch hörbar ist, und das
gilt dann als Kreativität des Produzenten. (. . . ). Was zur Disposition steht, ist somit der
Begriff von Musik selbst, hier bilden sich kleine, minoritäre Strategien, die
bestimmte Konzepte des Musikmachens sowie des Musikhörens außer Kraft
setzen«.25
25 Szepanski, Achim / Diefenbach, Katja. Den Klangstrom zum Beben bringen. In: Anz /
Walder. Techno. S. 137ff.
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Geht man vom abendländischen Musikverständnis aus, das Musik als Vermittlung
sinnstiftenden Tonmaterials innerhalb eines festgeschriebenen Systems betrachtet,
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