durchaus im Sound begründet liegt: Durch den Verlust diverser aus der Popmusik
bekannter Klänge entfachte sich bis Mitte der 90er Jahre eine Diskussion über das
sogenannte Fremdartige in der Techno-Musik. Dies betrifft, ähnlich wie in der Neuen
Musik, das Geräusch: Es tritt als Element eines konstituierenden Zusammenhangs bei
Techno auf. Was immer mit Geräusch gemeint sei, sehen Techno-Liebhaber
besonders in den jenseits von Konsonanz und Dissonanz liegenden Klängen das
Element, das den gelösten und ungehemmten Genuss von Techno garantiert. Das
Nicht-Schöne in technoider Clubmusik wird zum Akzent der Steigerung des
Schönen.
Der »neue« Sound hängt mit der hochtechnisierten Produktionsumgebung von Computern, Sequenzern, Synthesizern und Samplern zusammen: Technologie gleich Techno, wie die Techno-Namensgebung sagt. Im kreativen Prozess ist Techno einerseits funktionalen sowie rationalen, andererseits unbewussten Gesetzmäßigkeiten unterworfen, nach denen Musiker von vornherein erste Klangideen ausrichten. Bewusste, mittelbare Regeln wie die Funktionalität der Tanz- und Fühlbarkeit verarbeiten die Musiker in einem sehr organisierten Prozess, während unbewusste Regeln wie das Einbeziehen der Hörerkenntnisse und ganz persönlicher Vorlieben eine eher intuitive Vorgehensweise nach sich ziehen. Die musikalische Produktivität bzw. das musikalische Produkt hängt demnach von verschiedenen Bezugssystemen ab, deren kompositorisches Regelwerk sehr unterschiedlich ausfallen kann: Für House gelten andere Gesetze als für Techno, Gabber, Trance oder Ambient. Dennoch schält sich auf der Suche nach musikalischen Charakteristika aus der Vielzahl von Publikationen und Expertenmeinungen Techno als eine eigenständige Musikrichtung mit allgemein typischen musik-charakteristischen Komponenten heraus. Demnach ist Techno eine auf dem Vierviertel-Takt basierende, elektronisch produzierte, repetitive Tanzmusik, deren Klangvielfalt einerseits durch neuartige (maschinenhafte, frequenzmodulierte) Sounds, andererseits im rhythmischen Bereich durch sich wiederholende und bassorientierte Rhythmen gekennzeichnet ist. Diese Beschreibung allein mag nicht genügen, kristallisieren sich beim Hören bereits unterschiedliche Strömungen heraus, die diverse Darstellungs- und Analyse-Methoden wie die MIDI-File-, Spektral-, oder Transkriptionsabbildungen offen legen. Auch die Techno-Clubpraxis verdeutlicht die Notwendigkeit einer weiteren, detaillierteren Differenzierung von Techno-Musik in verschiedene Kategorien: So gibt es Clubs mit mehreren Dancefloors, die von DJs mit verschiedenen Techno-Strömungen beschallt werden – oft sind es House und Techno sowie Ambient für den Chill-Out-Bereich, die die Atmosphäre in den einzelnen Räumen bestimmen. Häufig existieren Clubs, die von vornherein auf eine Techno-Richtung gepolt sind. Die Analysen der einzelnen Tracks von Antisept und Nikolai zeigen bereits, wie musikalisch verschiedenartig eine jeweils unter dem Oberbegriff Techno subsumierte Musik ausfallen kann: Es gibt also nicht nur den Techno, sondern verschiedene Arten von Techno. Warum es bei der Flut von Mischformen technologisch erzeugter Musik überhaupt große Kategorien braucht, ist eine Frage, die hinsichtlich der Vielfalt elektronischer Musikprodukte gestellt werden kann, jedoch einzig und allein aus den bereits Anfang der 90er Jahre szeneintern unternommenen Kategorisierungen eine |