- 188 -Volkwein, Barbara: What´s Techno 
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zur gängigen Praxis der Popmusik geworden. Sampling, d.h. hier das musikalische Zitieren ohne rechtliche Folgen, stellt eine weitere Errungenschaft technologisch produzierter Clubmusik dar. Anders als in der konventionellen Popmusik werden bei Techno Interpret, Autor bzw. Produzent eines technoiden Produktes meistens von einer Person bzw. Gruppe vertreten. Darüber hinaus hat sich durch Techno ein neues Musiker-Profil etabliert – dies nicht aus dem Grund, da der Musiker nur noch Knöpfchen dreht, sondern weil er oft zugleich als DJ seine Musik auf dem Dancefloor präsentiert. In diesem Zusammenhang gilt es nochmals einen Blick auf die Rezeptionsästhetik zu werfen: DJs und Technomacher verstehen sich in erster Linie immer als Hörer. Ihre Musik lebt von den Hörerfahrungen, die sie auf dem Dancefloor machen.

Unter kulturellem Aspekt ist Techno eine durch die Synergie von Mensch und Maschine bedingte kulturelle Praxis des Trance-Tanz-Rituals: Dass sich in der Praxis von Techno nun die Bewegung, d.h. der Tanz aus der Maschinenmusik oder sich die Maschinenmusik aus der Bewegung entwickelt, lässt zumindest die Annahme einer starken Interaktion zwischen Musik (und demzufolge DJs, Produzenten, Live-Musikern, etc.) und Tanzenden vermuten. Techno deutet somit eine Veränderung der Kommunikationsformen an, in denen Jugendliche der Körperlichkeit eine wesentlich größere Rolle beimessen als bisher. Vor diesem Hintergrund kann Techno auch als eine neue jugendkulturelle Bewegung gesehen werden, die sich anstatt wie gewöhnlich in Vereinen und Verbänden zu engagieren, auf völliger Freiwilligkeit basierenden, kommerziellen Erlebnisangeboten zuwendet. Inwieweit die ästhetische Praxis einen Wandel des Politischen signalisiert, kann und will die vorliegende Arbeit nicht beurteilen, reicht dieser wichtige, soziologisch orientierte Aspekt doch weit über den Rahmen einer musiktheoretischen Betrachtung hinaus.

Techno ist besonders aus Sicht der Techno-Macher der ersten Stunde eine future-music, eine Zukunftsmusik, die auf verschiedene Weise gesellschaftlichen Einfluss ausüben soll. Auf die These der Überwindung der von Techno-Musikern kritisierten gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse wie Schnelllebigkeit, Leistungs- bzw. Zeitdruck oder Erstarrung folgt zumindest aus philosophischer Perspektive die bestätigende Vermutung, dass Techno im Gefolge seiner musikalischer Strukturen eine Rückbesinnung des Menschen auf sich selbst initiieren kann und so partiell die Überwindung immer schneller werdender und kaum mehr zu verarbeitender gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse erreicht: Gemeint ist hier der endlos erscheinende Klangfluss, der Tanzende in sich versinken lässt.

Allgemein-musikalisch gesehen ist Techno vergleichbar mit einer Trance-Musik, der typische Eigenschaften wie repetitiver Charakter, allmähliche Steigerung der Intensität, intensivierter Einsatz nach abrupter Pause, extreme Konstanz, lange Dauer, einfache Formen und minimalistische Veränderungen anhaften. Besonders bei Techno-Events oder in Clubs entsteht durch die Praxis des ständigen Hinter- und Übereinandermischens mehrerer Technotracks gleichzeitig fast schon ein unendlicher Klangfluss, der durch immer wieder von den DJs gemachten kleinen Unterbrechungen gesteigert und im Anschluss intensiviert wird. (Hier rührt vielleicht das besonders zu Beginn des Techno-Booms medial vermittelte Bild schwitzender, im Stroboskopgewitter zu peitschenden Snares zuckender Leiber her).

Jedoch wird durch den Diskurs überaus deutlich, dass der Reiz, den Techno ausmacht,


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