- 106 -Volkwein, Barbara: What´s Techno 
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durch die Abweichung von den original im Studio verwendeten Sounds eine sehr vereinfachte, zuweilen realitätsfremde Analysebasis darstellt.

Allen Analyseformen ist gemein, dass sie mindestens eine der stilistischen Besonderheiten, die den charakteristischen Kick eines Tracks ausmachen, aufdecken können. Stärken liegen jedoch, wie der Leser unschwer erkennen wird, offensichtlich im rhythmischen Bereich.

Im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen stehen zwei sehr unterschiedliche Tracks, die mittels der eben beschriebenen Analysemethoden dargestellt werden. Die Analysen werden einen ersten Einblick in die musikalische Gestalt von Techno geben, die Musik bzw. ihre entscheidenden charakteristischen Merkmale möglichst vielschichtig beleuchten und die jeweils dominierenden Schwerpunkte der einzelnen Analyse-Methoden veranschaulichen.

Die Analyse ist in zwei Hauptabschnitte geteilt:

Der erste Abschnitt befasst sich mit der Hör-, Produktions- und Spektralanalyse des Tracks »I.D. 12« von Antisept (Trope 020, 1996).

Der zweite Teil skizziert zunächst die Grundzüge der MIDI-File-Darstellung im Allgemeinen und befasst sich dann mit der konkreten MIDI-File-Analyse des Tracks ›Shake‹ von Markus Nikolai (Back, Perlon, 2000).

7.3.1.  Höranalyse am Beispiel »I.D. 12« von Antisept

In der folgenden Höranalyse wird die rhythmische Sektion in traditionelle Notenschrift transkribiert, während die hauptsächlich verwendeten Klänge in einer Verlaufsgrafik skizziert werden. Bei der Höranalyse geht es um die subjektive Interpretation struktureller, klanglicher Eigenschaften.

Der Track besteht aus zwei entscheidenden Ebenen: Die erste ist gezeichnet durch die Rhythmussektion, bestehend aus zwei Kickdrums, einer Snare, zwei HiHats und einem den Off-Beat markierenden Wheep-Klang. Die zweite, d.h. die Sound-Ebene besteht aus einem gläsern-metallisch klingenden Bell-Sound, einem charakterbildenden, offensichtlich durch Cut-Off-Filter21

21 Dies ist eine typische Eigenschaft, die dem TB 303 Bassline Generator innewohnt. Im späteren Interview mit Antisept stellte sich heraus, dass er für den Track jedoch einen Nachbau, den Doepfer MS 404 benutzt hat. Dieser hat keine explizit ausgewiesene Cut-Off-Filterfunktion. Jedoch kann bei jedem VCF (Voltage Controlled Filter), über das auch die MS 404 verfügt, die Eck- bzw. Grundfrequenz manuell eingestellt und spannungsgesteuert werden: Somit kann eine angelegte Steuerspannung die Einsatzstelle des Filters über den gesamten Audio-Bereich verschieben, d.h. modulieren. Darüber hinaus könnte der typische Acidsound dieses Tracks bedingt sein durch eine sehr starke Resonanzüberhöhung, die zur Rückkopplung der bevorzugten Frequenzbereiche und somit zur Schwingung des Filters führt (Selbstoszillation). Der Effekt ist dem des Cut-Off-Filterns ähnlich, weshalb im folgenden Text der Begriff auch auf die MS 404 angewendet wird.
kontinuierlich modifizierten Knarzen, einem Wawawa-Klang, der sich rhythmisch mit den HiHats bewegt und einen in der zweiten Hälfte des Stückes hinzukommenden Flächensound auf ein tonales Zentrum um ›b‹.

Gemeinsame Bezugspunkte der einzelnen Elemente sind:

Wheep mit Kickdrum (fortan nur als Wheep bezeichnet) liegen mit Snare auf der zweiten und vierten Zählzeit.

HiHats und Wawawa-Klang sind rhythmisch nahezu identisch.


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