- 100 -Volkwein, Barbara: What´s Techno 
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»Die Musik als abendländische Kunstform (. . . ) zeichnet eine bemerkenswerte Ungreifbarkeit aus, ihren ureigensten Gegenstand betreffend. Die Frage nach dem spezifisch musikalischen Phänomen – ob es im notierten Text als res facta oder im zeitlichen Geschehen als Klang begriffen wird – ist nicht eindeutig zu entscheiden, was bedeutet, dass methodologische Theoriebildung, wie sie auch immer beschaffen sein mag, mit dieser grundsätzlichen Differenz zu rechnen hat.«4

4 Mauser. A.a.O., S. 48.

Da spätestens seit der Bewegung der musikalischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts das spezifisch Musikalische nicht allein über die Notation erfasst werden kann, fordert Mauser, dass die Dimension des Klangzeitgeschehens, der Klangerscheinung respektive der Ausführung, die das Klangereignis konstituiert, unbedingt einbezogen werden muss. An dieser Stelle greift auch Vladimir Karbusickys »ideal komplexes« Verfahren einer ästhetischen Werkanalyse: Karbusicky will Klangflächen als charaktertragende Faktoren bei der Erforschung des inneren Aufbaus eines Stückes sowie der technischen Analyse des Stoffes berücksichtigt wissen.5

5 Karbusicky, Vladimir: Systematische Musikwissenschaft. Ebd.

»Der Akt der Ausführung als Voraussetzung für Erklingendes muss grundsätzlich Gegenstand jeder hermeneutischen Operation werden.«6

6 Mauser. A.a.O., S.49.
Aus dieser Tatsache entspringt eine weitere, besonders für die Analyse von Unterhaltungsmusik zu beachtende Kategorie: Die hörende Erfahrung ist durch die Besonderheit des Klangzeitgeschehens neben der »strukturell determinierten Werksubstanz«7
7 Ebd.
zum festen Bestandteil eines musikalischen Phänomens geworden:

»So ist zugleich mit der Dimension der Ausführung die der ästhetischen Wahrnehmung und ihrer Bedingungen als konstitutiv für das musikalische Phänomen gesetzt; es findet gleichsam eine Doppelung der Kategorie der Rezeption als Verfahren der Verklanglichung des Textes in einem ersten Akt und als Phänomen der ästhetischen Erfahrung im Hören danach statt.«8

8 Ebd. S. 50.

In dieser Hinsicht bietet sich als Basis einer Analyse der Ansatz Philip Taggs an, der traditionelle Analysemethoden mit neueren kombiniert, wobei für ihn die subjektive Interpretation und die intersubjektive Annäherung, d.h. die Übereinstimmung verschiedener Sichtweisen mehrerer Individuen auf die »musical message« einen zentralen Dreh- und Angelpunkt darstellen. Zudem erweist sich die von Tagg vorgeschlagene Checklist musikalischer und außermusikalischer Faktoren als nützlicher Kontrollmechanismus für die Analyse populärer Musik.

Für den Prozess des Verstehens bilden notiertes Werk, Ausführung und Rezeption eine Einheit, wobei im Bereich der (elektronischen) Unterhaltungsmusik die Notation mehr oder minder als anachronistisches Relikt gelten kann, dort jedoch andere Dokumentationsformen, wie das Bild der Arrangier-Oberfläche eines Sequenzer-Programmes oder grafische (Struktur-)Skizzen, durchaus vergleichbare Funktionen haben. Zutreffenderweise ergänzt Mauser sein hermeneutisches Modell durch das Einbeziehen des Komponisten, dessen Absichten natürlich zu hinterfragen und fallweise mit dem intentionalen Horizont der Wahrnehmenden abzugleichen sind. Auch für Dirk Budde ist die Untersuchung musikalischer Ebenen zusammen


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