7. Zur Analyse von Techno
Dass seitens der Pop-Musiker selten ein gesteigerter Bedarf an einer detaillierten
Analyse (eines) ihrer Stücke vorliegt, ist nachvollziehbar: Schließlich ist ihnen der
Aufbau ihrer Musik und die darin ruhende Intention bekannt. Überdies ist
Szenegängern ohne Umschweife klar, auf welche Musik sie stehen – warum sollten sie
sich mit langwierigen musiktheoretischen Untersuchungen abgeben? Gerade
Nicht-Szenekenner könnten allerdings durch eine Analyse von Techno Zugang zu einer
musikalischen Welt bekommen, die fernab von Strophen und Refrains mit ihrem
Ausdruck Menschen berührt und in ihren Bann zieht. Analyse bietet tatsächlich
Möglichkeiten, einen Weg in unbekannte musikalische Bereiche zu finden. Sie
kann eine Anleitung zum Selbermachen sein oder sie illustriert und erklärt
ein musikalisches Phänomen. Die in den vergangenen Kapiteln dargestellten
verschiedenen Facetten elektronischer Clubmusik verdeutlichen die Vielschichtigkeit
des doch als ganz konkret erscheinenden musikalischen Ereignisses Techno.
Produktions- und Deutungsweisen, Entwicklungsgeschichte und Kompositionsprozess
wurden eingehend erörtert: Ergibt sich aus ihnen ein einheitliches Bild über
Struktur, Klang und Produktionsweisen von Techno? Doch bevor im Folgenden die
daraus resultierende Frage nach geeigneten Parametern und Methoden zur
Analyse von Techno im Zentrum der Auseinandersetzungen steht, erscheinen ein
paar grundlegende Gedanken zur Analyse und Auslegung musikalischer Werke
vonnöten.
7.1. Über das Verstehen und die Ausdeutung (pop)musikalischer Werke
1993 haben Siegfried Mauser und Gernot Gruber erste Schritte zur Verschmelzung
von musikalischer Inhaltsdeutung und Strukturanalyse unternommen: Daraus
entstand unter anderem Mausers »Entwurf einer Grundlegung musikalischer
Hermeneutik,«1
1 Gruber, Gernot / Mauser, Siegfried (Hrsg): Musikalische Hermeneutik im Entwurf.
Laaber: Laaber 1994.
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ein neben Konzepten von Philip Tagg und Dirk Budde für die Analyse von Techno
sinnvoller Analyse-Ansatz.
Mauser schafft mit seinem Modell eine jederzeit modifizierbare Basis für den »Vollzug musikalischer
Verstehensprozesse«;2
die auf jede Form von Musik anwendbar ist. Die von ihm vertretene
Verstehenslehre offeriert Wege des »erkennenden« und »ästhetischen«
Verstehens;3
3 Er beruft sich hierbei auf diese von Hans Heinrich Eggebrecht gemachte Unterscheidung
(Vgl. Eggebrecht, Hans Heinrich: Musik verstehen. 2. Aufl. Wilhelmshaven: Noetzel.
1999).
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die über die Rationalität hinaus in das tiefere, innere Wesen der Musik dringen
soll.
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