- 89 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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Die oben erwähnten Freizeiten enden immer mit Darbietungen der Gruppen. Unser Programm hieß: Klein-Flöhchen und Klein-Läuschen (Orff) - Die Gänsemagd (mit dem von Orff vertonten Spruch: O du Fallada, da du hangest) Die Ta' tuchkönigin - Die Uhr des Großvaters. - Der Kontakt mit den Zuhörern gelang ohne pädagogische Vorzeichen, wie etwa: nett für Kinder. Die verklanglichten Geschichten trafen unmittelbar. Es trat Stille und Sammlung ein, zunehmend entstand vergnügte Stimmung. Die "Gänsemagd" überzeugte nicht. Das Märchen wurde gelesen und der Spruch in der Orffschen Fassung dargeboten. Er wirkt mehr als für ein Laienspiel geeignet. Man müßte die "Gänsemagd" als Erzählung vollständig klanglich durchsetzen, wollte man ihn beibehalten. - Bei der darbietenden Gruppe entstand eine vollkommene Versunkenheit in den Vorgang des Erzählens, eine Versunkenheit, die bei Wiederholungen nie wieder ganz erreicht wurde. Es läßt sich, im Gegensatz dazu, auch ein Sprechen mit gefälligen Gesten an die Zuhörer gewendet denken, hie und da mimisch unterstützt. Diese Kontaktpflege im Sinne eines geselligen Verhaltens wurde nicht angestrebt, obwohl sie durchaus zu vertreten ist. Sicherlich kam durch die "Versunkenheit" beim Spiel der Orff-Instrumente das Körperhafte zu kurz. Das Körpergefühl für Schwingung und Schlag, für Atmung und jedwede Reaktion ist allenthalben schwach entwickelt. Es gelang mir nicht, in dieser Richtung die Studenten stärker zu lösen. - Die Studenten beteuerten übrigens, daß "Geschichten erzählt und verklanglicht" nicht an eine Darbietung gebunden sei, sondern in sich so lebe wie ein Chorsatz, der die Zuhörer nicht braucht, sondern die Singenden erfüllt.

Der Anlauf in der Freizeit ermutigte, das Thema für eine Veranstaltung der 4. Bundesschulmusikwoche vorzuschlagen, um im Sinne naiver Improvisation anzuregen, durch das Beispiel andere in ihren Versuchen zu bestärken oder sich mit ihnen auszutauschen; schließlich, um durch Kritik Maßstäbe zu gewinnen oder die eigenen zu überprüfen. Dankenswerterweise gab es später mit Hans Bergese über unsere Darbietung ein offenes Gespräch. Im Rahmen der Bundesschulmusikwoche mit einem Improvisationsergebnis aufzuwarten, meint ja auch, die Überfülle der geformten Leistungen von einer anderen Seite her zu ergänzen. Im Vergleich zur Kunsterziehung schleicht die Musik im Eigenschaffen des Laien immer noch mühsam hinterher. Nur auf der Ebene des Jazz ist die freie Wildbahn


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