- 77 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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hier in der Art des Raunens, um Rätselsprüche noch rätselhafter zu machen, dort um geistlichen Texten Schwingung und Leuchtkraft zu geben. Im Wechsel von Rezitativ und Arie erfährt man sprachbezogenes Singen und melismatisch überzogene Sprache. Im erzählten Märchen, z.B. im "Märchen von Klein-Flöhchen und Klein-Läuschen", machen Klangwerkzeuge das Gehen, das Stillstehen, das Ereignis des Todes und das der jeweiligen Verwandlung hörbar. Hymnische Steigerung ergibt sich bei hymnischen Texten und höchste rhythmische Differenzierung trägt die Texte aus der Walpurgisnacht. Alles, was Orff anfaßt, springt den Ausführenden wie den Hörer mit Unmittelbarkeit an. Er erreicht, was man eigentlich von der Musik immer erwarten möchte, so wie es Shakespeare 10 sagt: "daß sie uns für eine Zeit verwandelt". - Wer Orffs Schulwerk in seiner Möglichkeit begreift und den urtümlichen Stil seiner Musik als Befreiung bejaht, wird Erich Doflein

Orff ist nicht nur ein Gestalter und Erneuerer des Tanzes und des musikalischen Theaters durch seine Musik; in seinem Lebenswerk spielt auch die Musikpädagogik eine Rolle... Wer Kinder liebt und wer irgendwo anfangen muß im verödeten Leben der Bekenntnislosen, sucht Rat und Stoff bei Orff.

Carl Orff hat ein Vorbild der abendländischen Musiktradition wieder freigelegt. Er hat dem Kind gegeben, was des Kindes ist und in seinen umfangreichen Werken gezeigt, wie von dem Elementaren aus große Formen wachsen können. - Natürlich bezieht das Schulwerk, neben dem Rückgriff auf alte Texte und alte Melodien auch die Formenwelt der Vergangenheit mit ein. Lied, Tanz, Rondo, Variation und Kanon sind vornehmlich die Strukturen, auf denen das neue Klangbild gedeiht.

In diesem Schulwerk erfüllen sich viele Ansätze der "Musischen Erziehung", um diesen strapazierten und oft so unausgefüllten Begriff einmal zu gebrauchen. Sprache, Musik und Bewegung verbinden sich miteinander. Bis auf den Grund wird rhythmischen, dynamischen, melodischen, agogischen Regungen nachgegangen. Sie werden in der Ausdruckssprache der Musik eingefangen. Die Elementarkraft, die von diesen Ansätzen ausgeht, kann nicht weggeleugnet werden. Von

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