- 75 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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Spielwiesen und buntfarbige Jahrmärkte alter Zeit. Er versucht die Mittel des Musisch-Musikalischen ursprünglich zu erfassen: die Lust des menschlichen Bewegungstriebes, den Tanz, den Mimus, die Szene, die Klanglichkeit, die Sprache, das Rhythmische und das Melodische. Von außen gesehen zeigt das Orffsche Schulwerk zwar einen systematischen Aufbau, der sich durch Tritonik, Pentatonik, Dur und Moll, durch Bordunstufen und Dominanten ausweist. Aber diese systematische Struktur, im Sinne einer Erziehung zum bewußten Gebrauch des Tonmaterials, ist nur ein Helfer für das Eigentliche.

Orff fußt auf klanglichen Grunderlebnissen. Was ist ein klangliches Grunderlebnis? Das Tönen von Glocken ist eines. Die großen Metallophone klingen wie Glocken, während die kleineren Glockenspiele die Fröhlichkeit und Helligkeit alter Spieluhren bewahren . - Klangliches Grunderlebnis ist der Donner. Pauken und Päuklein des Orffschen Instrumentariums können diese Urgewalt wiedergeben. - Das uns so vertraute Tropfen des Regens, das Plätschern des Baches, das Rauschen des Wasserfalls - im Wassergrottenklang der Xylophone mit den großen Resonanzkästen ist etwas davon eingefangen. - Gab es nicht einmal die Lust des Peitschenknallens? Peitschenknallen, so etwas dürfen unsere Kinder nun wieder im Rahmen von Musik. - Die Schellenbänder, ursprünglich an den Beinen der Tänzer klingelnd, sind zusammen mit dem Schellentambourin lustige Träger rhythmischer Bewegung. Gläserspiele, d.h. wassergefüllte Gläser auf Tonhöhen abgestimmt, wecken alte Erinnerung an frühe Wasserorgeln oder an Glasharfen. Zu den vitalen klanglichen Grunderlebnissen, zumindest des bayrischen Bevölkerungsanteils, gehört die Freude am Stampfen, Klatschen, Knieschlagen, Schnalzen. Dieses Körperinstrumentarium nutzt Orff aus.

Der pulsierende Klangteppich mit den genannten und anderen Instrumenten, der aus Ostinatofiguren zusammengesetzt ist und in immer neuer Farbigkeit sinnbezogen zu Melodien und zum Sinngehalt der Sprache klingt, hat etwas von der Magie früher Musik. Er bleibt in seinem Klangvolumen dezent, d.h. er müßte in dieser Weise entwickelt werden. Er hat nichts mit der hämmernden Ekstatik jazzhafter Metrik gemein. Da wo er laut wird, offenbart er mehr bajuwarischen Einschlag, dessen Fröhlichkeit und Derbheit. Gegenüber der rhythmischen und differenzierten Klanglichkeit bleibt das Melodische einfach. Die


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